Kolumne | Direktnachricht
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„#AbleismTellsMe sei satt, sauber und still. Alle anderen Ansprüche sind extrem undankbar von dir.“ (Tanja Kollodzieyski/@RolliFraeulein)
„#Ableismtellsme dass meine Daseinsberechtigung für diese Gesellschaft kein Fakt sondern Verhandlungssache ist.“ (Debora Antmann/@DontDegradeDebs)
Zwei Sichten auf #AbleismTellsMe, ein Hashtag, der durch die US-Aktivistin Kayle Hill auf Twitter initiiert wurde, um auf die Diskriminierungserfahrungen behinderter Menschen aufmerksam zu machen.
Ableismus umfasst als Begriff dabei noch mehr als das Problem der Behindertenfeindlichkeit. Er kommt vom englischen „to be able“, also „fähig sein, etwas zu tun“. Er bedeutet, dass wir alle anhand unserer kognitiven und körperlichen Fähigkeiten beurteilt und auf- oder abgewertet werden. Die gesellschaftliche Norm lautet: Nicht behindert und gesund müssen wir sein. Darüber werden unsere Körper stets beurteilt, wobei kaum in Frage gestellt wird, welche Maßstäbe hierfür überhaupt gelten. Diese Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Körper trifft behinderte Menschen am härtesten. Was für eine Gesellschaft sind wir aber, wenn wir den Wert von Menschen allein an ihrer Leistungsfähigkeit festmachen?
Während Nichtbehinderte meist nur an Rollstuhlfahrer_innen und Rampen denken, zeigt #AbleismTellsMe das breite Spektrum der Probleme mit unseren gesellschaftlichen Strukturen, Gesetzen und Vorurteilen. Es zeigt, dass es sichtbare Behinderungen gibt genauso wie unsichtbare – zum Beispiel im Fall chronischer Erkrankungen, die man jemandem nicht immer direkt ansieht. Oder dass Barrieren mitnichten nur aus Treppen bestehen, sondern es genauso die fehlende Lautsprecheransage in der Bahn sein kann oder die verweigerte Kostenübernahme für eine persönliche Assistenz.
Am häufigsten gilt in Deutschland beim Thema Behinderung immer noch das Prinzip: Aus den Augen, aus dem Sinn. Man denke dabei nur an die Behindertenwerkstätten, in denen für einen Hungerlohn vollkommen abseits des sonstigen Arbeitsmarkts gearbeitet wird. Trotzdem soll das noch als Inklusion verkauft werden.
Deshalb sind Hashtags wie #AbleismTellsMe so wichtig. Sie brechen die Unsichtbarkeit und Klischees auf und machen deutlich, dass die Defizite nicht bei behinderten Menschen liegen, sondern bei unserer Gesellschaft. Oder wie die Autorin Laura Gehlhaar treffend formuliert: „Meine Behinderung gehört nicht mir alleine, sie gehört all denen, die sie mitverursachen.“