Behinderungen im Betriebsablauf

Kolumne | Direktnachricht

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Behinderungen im Betriebsablauf

Kolumne | Direktnachricht

Dank eines simplen Fahrscheins wird die Welt so einiger Menschen gerade ein Stückchen größer und ihre Sorge ums Geld etwas kleiner. Ob für den Weg zur Arbeit oder um nach den anhaltenden Pandemiejahren Erholung außerhalb der engen Wohnung zu finden: Das 9-Euro-Ticket verschafft uns, wenigstens für diesen Sommer, einen Einblick darin, wie viel gerechter Mobilität aussehen würde, könnten sie sich schlicht mehr Menschen leisten. (Und ja, das muss Hartz-IV-Beziehende ausnahmslos einschließen. Looking at you, liebe Bundesländer wie Baden-Württemberg.)

Die unter der Sommerhitze ächzenden überfüllten Busse und Züge zeigen ebenso: Unsere Verkehrsinfrastruktur ist am Limit. Im jetzigen Zustand lässt sich mit ihr weder der Klimakrise ernsthaft die Stirn bieten noch kann sie jede_r in Anspruch nehmen. So müssen zum Beispiel Rollstuhlfahrer_innen seit dem 1. Juni noch öfter darum bangen, überhaupt einen Platz zu ergattern. Genervte Blicke, Beleidigungen oder gleich auf dem Bahnsteig stehengelassen zu werden: Damit rechnen Rollstuhlnutzende jedes Mal, wenn sie einfach nur von A nach B wollen. Das Menschenrecht auf Mobilität trifft dort die ach so deutsche „Muss das denn sein?“-Haltung.

Das ist nur der neueste Akt im Trauerspiel „Inklusion in Deutschland“. Wer im Rollstuhl sitzt und mit dem ICE reisen muss, kann dies bloß nach vorheriger Anmeldung und mit Hilfe des Mobilitätsservice der Deutschen Bahn. Ist diese Hürde genommen, bleiben noch kaputte Aufzüge, fehlendes oder nicht geschultes Personal am Bahnhof, kaputte Hublifte, Reisepläne außerhalb der Kernzeiten, Ausfall des Wagens mit den Rolliplätzen, eine defekte Behindertentoilette, die dazu führt, dass jemand im Rollstuhl erst gar nicht mitgenommen wird … Jegliche Spontaneität und Unabhängigkeit beim Reisen werden direkt ausgebremst.

Die Zukunft sieht kaum besser aus. Erst Anfang des Jahres stellte die Bahn ihre nächste ICE-Generation öffentlich vor. Bequemere Sitze, Fahrradplätze, Halterungen fürs Tablet. Selbst die Fensterbeschichtung wurde angepasst, um einen brauchbaren Mobilfunkempfang zu garantieren. Doch mehr als zwei Plätze für Rollstuhlfahrer_innen oder ein barrierefreier Einstieg? So viel Innovation war dann doch nicht drin. „Diese Züge blockieren eine inklusive Verkehrswende für Jahrzehnte. Aber hey, sie haben hübsche Sitzbezüge. Man kann ja nicht alles haben, ne?“, kommentierte die Autorin Tanja Kollodzieyski pointiert.

Jeden Tag verstößt Deutschland gegen die UN-Behindertenrechts­konvention allein, wenn es um Zugreisen geht. Dabei würden Änderungen wie ebenerdige Einstiege und genug Platz auch nichtbehinderten Eltern mit Kinderwagen oder älteren Menschen mit Rollatoren nutzen. Zeit, Personal und Nerven würden gespart, könnten sämtliche Fahrgäste ihre Reise vom Ticketkauf bis zum Ausstieg selbst bestreiten. Von Barrierefreiheit profitieren wir alle – und früher oder später brauchen wir sie alle. Doch es ist es nicht erst eine solche Kosten-Nutzen-Rechnung vonnöten, um die Rechte und Würde behinderter Menschen zu achten. Inklusion muss endlich das Hauptziel sein, statt ständig auf der Strecke zu bleiben.

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