Kolumne | Direktnachricht
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An immer mehr Orten mangelt es an Wasser und damit leider nicht an beunruhigenden Meldungen. Sei es die trockene Quelle der Themse in Großbritannien, das wüstenartige Po-Delta in Italien, hunderte französische Kommunen ohne Trinkwasser. Auch für Atomkraftwerke steht kaum noch genug Flusswasser zur Kühlung zur Verfügung. Nicht zu vergessen die unzähligen Brände, die allerorts wertvolle Wasserressourcen weiter schrumpfen lassen.
„Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel“, das ist zurzeit nicht nur ein nautisch angehauchter Wunsch nach Glück und gutem Durchkommen im Leben. Es ist vermutlich auch das Stoßgebet, das alle Binnenschiffer_innen gerade vor jeder Tour gen Himmel richten. Die Hoffnung, dass sich vielleicht doch bald der ein oder andere Regentropfen aus den kleinen Wolken quetscht, stirbt eben zuletzt. Derweil wächst die Liste der Wasserstraßen, die ihrem Namen immer weniger entsprechen, und die anhaltende Dürre sorgt überall in Europa für neue, oft historische Tiefstwerte in den Flussbetten.
Der unterbrochene Wasserkreislauf entwickelt sich dabei immer mehr zum Teufelskreis nicht ergriffener Klimaschutzmaßnahmen. Am Beispiel der Binnenschifffahrt zeigen sich diese fatalen Zusammenhänge besonders auffällig. Um nicht aufzulaufen, können Schiffe wegen Niedrigwasserständen nämlich nur noch wenig Fracht laden. In Deutschland ergibt sich daraus die widersinnige Situation, dass Kohlekraftwerke – die eigentlich verstärkt eingesetzt werden sollen, um sich vom russischen Gas unabhängiger zu machen – gar nicht genug Kohle geliefert bekommen können. Kohlekraftwerke, deren hoher CO2-Ausstoß die Klimakrise maßgeblich mitverursacht und: die brutal viel Wasser verbrauchen. Kohlekraftwerke, auf die wir nicht mal angewiesen wären, wäre die Energiewende unter CDU/CSU-Führung nicht dermaßen massiv verschleppt und gar blockiert worden.
Es ist eben nicht die Natur, die außer Kontrolle ist, sondern es sind immer noch wir Menschen – insbesondere die des Globalen Nordens. Erst langsam ändert sich die weiß-christlich-europäische Perspektive, dass wir ein Teil dieser Natur sind (mit weltveränderndem Einfluss und Wirkungsmacht), statt separat von ihr. Dabei treffen uns die Konsequenzen nicht alle gleich. Schließlich sind Länder wie Kenia, Äthopien oder Somalia schon seit Jahren von extremer Dürre betroffen und Einwohner_innen spüren die daraus resultierenden existenzbedrohenden Nöte immer heftiger. Doch solange vor allem Schwarze Menschen und People of Color „in weiter Ferne“ betroffen waren, konnte das privilegierte Europa dies gut ignorieren, und Gegenmaßnahmen bestanden höchstens im rassistischen wie mörderischen Umgang mit Klima- und Konfliktgeflüchteten.
Der aktuelle Sommer offenbart unterdessen auch die hiesigen Unterschiede stärker. Wenn diejenigen, die in zu kleinen, überhitzten Mietwohnungen leben, sich davon im staubigen Braun dahinsiechender Stadtparks erholen sollen. Während Golfplätze und wohlhabende Nachbarschaften weiterhin entspannt in sattem Grün erstrahlen und trotz angemahnter Wassersparmaßnahmen jederzeit ein frisch befüllter Pool bereitsteht.
Die Zeiten, in denen es als belangloser Smalltalk galt, über das Wetter zu reden, sind jedenfalls längst vorbei. Die Auswirkungen der Klimakrise im bigger picture anzusprechen und noch Schlimmeres zu verhindern, ist dagegen unsere wichtigste Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Wer dies immer noch als Alarmismus abtut, verschließt nur die Augen vor den staubtrockenen Fakten unserer Klimakrisenrealität.