Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
zwei wichtige Beiträge zur Debatte über den Krieg und Deutschlands Rolle darin eröffnen diese Woche den Hauptstadtbrief.
Gwendolyn Sasse, eine der wichtigsten Expertinnen zum Thema überhaupt, schreibt exklusiv für derhauptstadtbrief.de über die vermeintlich typisch deutsche Debatte, in der es sehr wohl um wichtige Fragen, aber auch um allzu selbstreferenzielle Befindlichkeiten geht – und fordert stattdessen, die Ukraine selbst, ihre Menschen und Geschichte wieder ins Zentrum zu rücken. Sasse, Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS), rückt einige, auch wohlwollende Annahmen über die vorgeblich amorphe ukrainische Nation zurecht – ein unverzichtbarer Einwurf.
Winfried Böttcher, Friedensforscher, der viele Jahre Internationale Beziehungen an der RWTH Aachen lehrte, breitet in seinem Beitrag mit aller gebotenen Vorsicht seine These aus, wie, selbstredend unter Beteiligung der Ukraine, die Vereinten Nationen als Garantiemacht einen Waffenstillstandskompromiss herbeiführen könnten. Böttcher, der Gastprofessuren in Moskau und Kiew innehatte, betont die notwendige Bringschuld und Verpflichtung des Kremls – keine Frage, eine heikle Prämisse für jede Vereinbarung. Aber die Zeit eleganter Lösungen ist schon lange verstrichen.
Jürgen Gaulke erklärt in seinem konzisen Beitrag die Bedeutung der gestiegenen Energiepreise für die sich auf Rekordniveau befindliche Inflationsrate. Der erfahrene Wirtschaftsjournalist für die Frankfurter Allgemeine, des manager magazins und bei Capital hat in der vergangenen Woche ein ebenso erhellendes Buch zum Thema veröffentlicht. „Inflation. 33 Fragen – 33 Antworten“ bei Piper ist, so muss man es leider sagen, zum goldrichtigen Zeitpunkt erschienen.
—
Günter Bannas gelingt es in seiner Kolumne, aus der Neubesetzung des Spitzenamts im deutschen Fußball, dem DFB-Präsidenten, ein kleines Lehrstück der parteipolitischen Personalbesetzungen zu machen – auch für Nichtfußballfans überaus erkenntnisreich.
Inge Kloepfer erklärt ebenfalls mit einem Augenzwinkern, das den – im wahrsten Sinne wertvollen – Gehalt der Sache nicht in Abrede stellt, was es mit sogenannten Non Fungible Tokens, zu Deutsch „nicht austauschbare Tokens“, oder digitalen Sammelobjekten auf sich hat. Auch dort gilt: nicht nur für Anhänger moderner Kunst eine lehrreiche Erläuterung.
Im Postskriptum erinnert Lutz Lichtenberger aus misslichem gegebenem Anlass an eine Begegnung zwischen Ulrike Meinhof (vor der RAF) und Joachim Fest, aus der dann aber durchaus erquickliche Schlüsse gezogen werden können.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche
Ihr Detlef Prinz