Dieses Mal Frauen und Soziales

Der ewige Friedrich Merz tritt wieder an. Helge Braun und Norbert Röttgen werben um die Merkel-Anhänger

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PICTURE ALLIANCE/SZ PHOTO | METODI POPOW; FLASHPIC | JENS KRICK; DPA | MICHAEL KAPPELER
Helge Braun, Norbert Röttgen, Friedrich Merz
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Helge Braun, Norbert Röttgen, Friedrich Merz

Dieses Mal Frauen und Soziales

Der ewige Friedrich Merz tritt wieder an. Helge Braun und Norbert Röttgen werben um die Merkel-Anhänger

Seit dieser Woche ist es offiziell: Nach 16 Jahren Regierung ist die Union nun Opposition. Eine Rolle, in der sie sich erst zurechtfinden muss. Es geht dabei zum einen darum, Handwerkszeug (wieder) zu erlernen, etwa wie parlamentarische Anfragen gestellt werden. Zum anderen auch darum, nun den neuen richtigen oder angemessenen Ton zu finden. Als CDU und CSU 2005 zuletzt auf den Oppositionsbänken saßen, gab es die AfD noch nicht. Heute sitzt die in Teilen rechtsradikale Partei ganz rechts im Parlament und wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch versuchen, die Union mit Anträgen zu reizen, denen diese inhaltlich möglicherweise nicht abgeneigt ist.

Es wird eine Herausforderung für die Schwesterparteien – vor allem für die CDU. Denn die Christdemokraten haben sich auch in den drei Jahren, nachdem sich Merkel von der Parteispitze zurückgezogen hat, immer noch nicht sortiert und suchen nun zum dritten Mal einen neuen Parteivorsitzenden. Das erschwert die Rollenfindung in der Opposition. Wie nach dem Rücktritt Annegret Kramp-Karrenbauers kandidieren wieder drei Männer: Helge Braun zum ersten, Norbert Röttgen zum zweiten und Friedrich Merz zum dritten Mal. Sie stellen sich diesmal dem Votum der Mitglieder, die in diesen Tagen ihre Stimme abgeben können. Es geht in diesem Rennen also nicht darum, die beste Rede vor Delegierten zu halten, sondern die Basis zu überzeugen.

Als deren Favorit wurde bislang immer Merz gehandelt. Hätte die Basis bei den vergangenen beiden Abstimmungen das Sagen gehabt, wäre er Parteichef geworden – wird zumindest von seinen Anhängern und Anhängerinnen gern verbreitet. Eine valide Umfrage, die das bestätigt, gibt es allerdings nicht. Immer mal wieder haben einzelne Kreis- oder Landesverbände Stimmungsbilder eingeholt, zudem gibt es die Umfragen in diversen Medien, bei denen aber CDU-Anhänger und -Anhängerinnen befragt wurden – die dürften aber nicht deckungsgleich sein mit den Mitgliedern der Partei. So ist die CDU etwa oft von mehr Frauen als Männern gewählt worden. Die Partei hingegen besteht zu deutlich mehr als der Hälfte aus Männern. Wie die Mitglieder also tatsächlich nun abstimmen werden, das dürfte für alle schwer einzuschätzen sein. Zumal die CDU keine Partei ist, in der sich alle in die gleiche Richtung bewegen. Was sie im besten Fall ausmacht, ist ihre Breite, das Vereinen von verschiedenen Interessen auf der Basis gleicher Grundwerte – was in jüngster Vergangenheit jedoch zunehmend schwerer geworden ist. Das ist für die CDU ein existentielles Problem. Denn wenn das Zusammenbinden nicht mehr gelingt, werden die Fliehkräfte in der Partei sehr groß.

Dies zeigt sich auch in der Aufstellung der drei Kandidaten. So setzt Merz nicht mehr allein auf seine Anhänger und Anhängerinnen im konservativen, wirtschaftsnahen Teil seiner Partei, sondern hat sich mit Mario Czaja, der sein Generalsekretär werden soll, sollte er das Rennen gewinnen, einen ausgewiesenen Sozialpolitiker an die Seite geholt. Czaja ist unter anderem Mitglied des Arbeitnehmerflügels der CDU. Merz selbst sieht plötzlich die Sozialpolitik als eine der offenen Flanken der Partei. Und auch die Frauen, die ihm bei den vergangenen beiden Wahlen immer skeptisch gegenüberstanden, will er nun überzeugen – und zwar unter anderem mit einer Personalie: Neben Mario Czaja präsentierte Merz Christina Stumpp – eine weitgehend unbekannte Abgeordnete aus Baden-Württemberg. Stellvertretende Generalsekretärin soll sie werden – ein Posten, den es so noch gar nicht gibt und den es möglicherweise auch gar nicht geben wird, denn dafür muss die Satzung der Partei geändert werden, und das kann nur auf einem Präsenzparteitag gemacht werden. Der Parteitag im Januar wird jedoch digital stattfinden. Merz kann aber sagen, er habe es zumindest versucht. Zeigen muss er vor allem, dass dies nicht auch für die anderen Versprechen, wie die zur Sozialpolitik gilt.

Merz muss sich in diesem Rennen anders aufstellen als in den vorausgegangenen, er braucht nun nicht mehr nur die gefühlte Mehrheit der Basis, sondern die tatsächliche. Und ein Faktor ist weggefallen: Angela Merkel ist nun endgültig raus aus der aktiven Politik. Seine Rolle als ihr Gegenpart schien immer unterschwellig auch Teil von Merz’ Bewerbungen zu sein.

Indirekt ist die ehemalige Kanzlerin gleichwohl verbunden mit der Überraschungskandidatur – nämlich der ihres letzten Kanzleramtschefs Helge Braun, der zuvor keine Ambitionen für den Posten des Parteichefs hatte erkennen lassen. Gerätselt wird nach wie vor über sein Motiv. So mancher unterstellt, dass er möglicherweise nur antritt, um Merz zu verhindern. Allerdings dürfte Braun kaum Stimmen aus dem überzeugten Merz-Lager bekommen, weil er eben als enger Vertrauter Merkels gilt. Für ihn stimmen dürften eher die bisher Unentschlossenen und diejenigen, die in der Sache mit Röttgen sympathisieren, aber noch nicht voll von ihm überzeugt sind.

Wofür Braun allerdings sorgen könnte, ist, dass es einen zweiten Wahlgang gibt. Und danach könnte es passieren, dass seine Wähler und Wählerinnen, sollte er nicht in die zweite Runde kommen, zu Röttgen wechseln. Nach außen hin präsentiert Braun sich aber als Alternative zu den beiden Kandidaten und scheint vor allem auch auf sein Team zu setzen. Denn im Gegensatz zu seinen Konkurrenten bringt Braun zwei prominente Frauen mit, die bereits in Partei und Fraktion etabliert – und gut vernetzt sind, vor allem die bisherige Integrations­staatsministerin in Nordrhein-Westfalen, Serap Güler, die im Falle seines Wahlsieges Generalsekretärin werden soll.

Die Entscheidung zum Parteivorsitz wird sich voraussichtlich auch auf die Rolle der Union in der Fraktion auswirken. Denn zum einen setzen alle drei natürlich unterschiedliche Akzente, aber es geht auch darum, wie sie ihre zukünftige Rolle definieren. Braun würde sich wohl eher als Manager im Hintergrund sehen, der vor allem die Parteizentrale und die Neuaufstellung der CDU im Blick hat. Röttgen besitzt mehr Sendungsbewusstsein und würde sich wohl auch als Parteichef nicht im Hintergrund halten, gleichzeitig will er aber, wie auch Braun, den Fraktionsvorsitz nicht für sich beanspruchen. Bei Merz hingegen ist das noch nicht klar. Er war schon einmal Vorsitzender der Unionsfraktion vor 20 Jahren – und es ist nicht ausgeschlossen, dass er dieses Amt wieder anstrebt.

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