Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
allein die Tatsache, dass langsam aber sicher im Bundestagswahlkampf auch wieder über eigentliche Sachthemen gestritten wird, könnte als gutes Zeichen aufgefasst werden – auch wenn die Diskussion über eine zugleich finanzierbare und gerechte Rentenpolitik einer jener Evergreens ist, der immer neu aufgelegt wird.
Christoph Butterwegge ist ein – im besten Sinne – Veteran jener Debatte, er verbindet profunde Sachkenntnis mit akademisch-temperiertem Engagement und politischem Gespür – und erklärt in diesem Hauptstadtbrief am Samstag, was sich hinter den wohlklingenden Schlagwörtern der Saison verbirgt. Butterwegge stellt so nebenbei einige schiefe Vorstellungen über den Sozialstaat als solchen vom Kopf auf die Füße. Diese Klarheit im Erklären und Einordnen sollte den kommenden Streitrunden nur guttun.
Andreas Rinke spielt im zweiten Beitrag dieser Ausgabe die eigentümliche Lage der FDP durch, deren jüngstes Umfragehoch neue Hoffnungen in der Partei weckt, im Herbst wieder einer Regierung anzugehören. Nur: in welcher Konstellation? Und: Was, wenn die neue Aufmerksamkeit, die den Liberalen zuteilwird, gerade jene Koalitionsdilemmata offenbart und geneigte Wählerinnen und Wähler, die die Grünen verhindern wollen, sich lieber wieder für die Union entscheiden lässt? Rinke, politischer Chefkorrespondent von Reuters und ein Insider des Berliner politischen Betriebs im besten Sinne, hatte alle Eventualitäten im Blick.
Anne Wizorek nimmt sich in ihrer Kolumne Direktnachricht mit unbestechlichem Blick die doch allzu wohlfeilen bis leider unglaubwürdigen Regenbogen-Lippenbekenntnisse vor und nach dem deutschen Spiel gegen Ungarn in der bayerischen Hauptstadt auseinander. „München leuchtet“, schrieb einst Thomas Mann, aber dem Bekenntnis zu elementaren Menschenrechten für queere Menschen sollten dann auch von der dortigen Regierungspartei entsprechende Taten folgen. Oder, wie es nur Adi Preißler und Anne Wizorek sagen können: Entscheidend ist auf’m Platz.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen
Ihr Detlef Prinz