Diplomatische Drehscheibe

Ein Kommentar

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Diplomatische Drehscheibe

Ein Kommentar

Welche rasanten tektonischen Plattenverschiebungen gerade in der internationalen Politik stattfinden, zeigt der Fall Afghanistan und die Rolle des flächenmäßig zwar kleinen, aber in Sachen Diplomatie großen Staates Katar. Gewiss, lange musste der Golfstaat, nicht ohne eigenes Zutun, mit seinem Image hadern. Doch jetzt hat das Emirat etwas geschafft, was weder der deutschen Außenpolitik noch der Europäischen Union gelungen ist.

Ohne Katars Diplomaten wäre beim Evakuierungseinsatz in Afghanistan wenig möglich gewesen. Im Chaos von Kabul eskortierten katarische Diplomaten unter Einsatz ihres Lebens Deutsche, Europäer und afghanische Schutzbedürftige durch Taliban-Checkpoints. Die Hauptstadt Doha war die Drehscheibe für die Luftbrücke und hat Tausende von Menschen, Ausländer und Afghanen in kurzer Zeit in Sicherheit gebracht – und sie vorerst untergebracht in den eigens für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 errichteten Fan- und Mannschaftsunterkünften einquartiert. Immerhin möchte man hinzufügen, waren doch die Arbeitsbedingungen der Migranten, die auf eben jenen Baustellen tätig waren, lange Zeit wahrlich beklagenswert. (Berichten zufolge, haben sie sich inzwischen merklich verbessert.)

Es könnte dann auch der Zeitpunkt sein, den Gastgebern der Fußball WM 2022 eine Chance geben. Dabei ginge es nicht nur um Diplomatie, sondern auch um ein Statement gegen noch immer mitschwingende Arabophobie und Islamophobie, schließlich wäre es die erste WM in der Geschichte des Weltfußballs, die auf arabischem Boden und in einem muslimischen Land stattfindet.

Mit Katar wird der Westen auf jeden Fall rechnen müssen. Wie im Falle Afghanistans die moderierende Rolle Katars darauf hinwirkt, dass die Taliban die Geisteshaltung des Krieges durch eine des Friedens ersetzen, hat diese neue Herangehensweise das Potential sich auf die Konflikte im Jemen, Libyen oder Syrien positiv auszuwirken. Fest steht, seit der Machtübernahme der Taliban ist der Westen künftig mehr denn je auf das Emirat angewiesen. Diese realpolitische Tatsache sollte man sich in Washington und Europas Hauptstädten ehrlich eingestehen und auch die eigene außenpolitische Haltung überdenken.

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