Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
in den Untiefen des Kalten Krieges 1984 sang Herbert Grönemeyer seinen Gassenhauer „Amerika“ – und traf damit das klassisch ambivalente Gefühl der Deutschen gegenüber dem Befreier, Bündnispartner und großen Bruder, der so viel für Deutschland getan habe, uns aber das nun doch bitte nicht antun solle. Und für das konnte dann jeder einsetzen, was sie oder er am amerikanischen Gebaren als störend bis empörend empfand. Von links und rechts konnte da allerhand zusammenkommen. Auch in diesen Tagen, in denen Russland den ersten Platz in der Rangliste der Pariastaaten für sich beansprucht, melden sich, mal plumper und mal tiefgründiger, diejenigen wieder, die fragen, ob nicht Amerika (oder die von ihr geprägte Nato) eigentlich die Hauptschuldigen seien.
Claus Leggewie hat in einem überaus klugen und wohltuend differenzierten Essay für diese Ausgabe des Hauptstadtbriefs Politik, Geschichte und Gefühl dieses Amerikabildes eingefangen. Leggewie, der selbst in den USA gelebt und gelehrt und ein Buch über „Amerika in unseren Köpfen“ geschrieben hat, schreibt nicht nur erhellend über die USA, sondern auch über uns selbst.
Im zweiten Beitrag dieses HSB untersucht Elmar Wiesendahl, der lange an der Universität der Bundeswehr in München lehrte, die Zukunft der Volksparteien SPD und Union. Deren Ende wurde schon häufiger vorhergesagt, aber die viel zitierte „Zeitenwende“, weniger Geld für „Wohltaten“ und die Herausforderungen des Klimawandels stellen doch noch einmal aufs Neue einen Wesenskern der politischen Vollsortimenter infrage.
Günter Bannas führt in seiner Kolumne Aus dem Bannaskreis aus, welche praktischen koalitionären Folgen sich aus der relativen Schwächung der Volksparteien ergibt – die politischen Lager lösen sich nicht vollständig auf, aber mit jedem neuen Ampel-, Jamaika- oder Kenia-Bündnis schreitet die fundamentale Veränderung der deutschen Parteienlandschaft voran.
Inge Kloepfer wirft ihren Zweiten Blick auf neuere Programme der Bundesregierung, insbesondere das sogenannte „Klimageld“ – und führt mustergültig vor, was daran wirtschaftspolitisch, klimapolitisch und philosophisch ins Kiesbett fährt.
Im Postskriptum erinnert Lutz Lichtenberger an den just abgetretenen hessischen Ministerpräsidenten – und Basketballvirtuosen – Volker Bouffier.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche
Ihr Detlef Prinz