Gleich welcher Herkunft oder welchen Geschlechts

Editorial des Verlegers

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Gleich welcher Herkunft oder welchen Geschlechts

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

dass es doch nur um 86 Cent gehe, ist in den Debatten über die Erhöhung der Rundfunkgebühren in diesen Tagen häufig wiederholt worden – und war, ob man nun dafür oder dagegen ist, immer ein etwas schiefes Argument. Tatsächlich geht es doch eben im Ganzen um ganz andere Summen – um immerhin 1,5 Milliarden Euro würden die Beitragseinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender für die Zeit von 2021 bis 2024 steigen. Bei derzeit ziemlich exakt acht Milliarden Euro pro Jahr liegen sie bereits jetzt.

Aber auch beim Koalitionsstreit in Sachsen-Anhalt geht es ja um mehr als die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Die Causa musste schon die Gemüter in allen Parteien hinreichend in Wallung bringen, um daraus eine solche Nummer zu machen.

Kein Zweifel, es geht dabei – noch immer – um unterschiedliche Wahrnehmungen in Ost und West, den Umgang mit der AfD, das Gefühl – in Teilen der Bevölkerung aller Länder – von den klassischen Institutionen nicht mehr angemessen repräsentiert zu werden.

Ilko-Sascha Kowalczuk gelingt es in diesem Hauptstadtbrief am Sonntag, diese Spannungen mit Leidenschaft, aber auch dem Denken in längeren Zeitläuften und Wechselwirkungen, das den gelehrten Historiker auszeichnet, auf den Punkt zu bringen. Kowalczuk ist Autor einiger der besten Bücher über die Wiedervereinigung – zuletzt im vergangenen Jahr mit „Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde“ –, 2015 mit dem Standardwerk „Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR“. Er war Mitglied in der Regierungskommission „30 Jahre Revolution und Deutsche Einheit“. Sein Beitrag für diese Ausgabe ist dann auch nicht einfach kontrovers, wie das so oft allzu leichtfertig gesagt wird, sondern eine Ansage zum Stand der Einheit – und der Gesellschaft.

Julia Duchrow weitet den geografischen Blick in ihrer Bestandsaufnahme im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs noch aus. Die Stellvertreterin des Generalsekretärs von Amnesty International in Deutschland bilanziert anlässlich des Tags der Menschenrechte, dem Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 1948, welche Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie noch schärfer hervorgetreten sind. Duchrows Satz sollte uns allen Mahnung bleiben: „Die Erklärung macht deutlich: Voraussetzung für Frieden in der Welt ist der Schutz der Menschenrechte aller Menschen – egal welcher Herkunft oder welchen Geschlechts. Sie müssen deswegen auch heute die Antwort in der Krise sein.“

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche

Ihr Detlef Prinz

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