Postskriptum
Postskriptum
In der vergangenen Woche nahm eine große Gestalt des amerikanischen Fernsehens ihren Abschied. Beinahe drei Jahrzehnte stand Brian Williams für den Sender NBC vor der Kamera. 2004 übernahm er die Hauptnachrichtensendung Nightly News und verlieh ihnen seine besondere gravitas – Ausstrahlung und Würde –, vermittelte dem Publikum das Gefühl, einen unbestechlichen Überblick über das Weltgeschehen zu bekommen.
Williams entsprach so ziemlich formvollendet der Idealvorstellung eines Anchorman , markantes Kinn und sonore Stimme, charmant und sich zurücknehmend im Gespräch, anspruchsvoll in der Sache, aber zugleich geschickt darin, kompliziertere Äußerungen seiner Gäste auf ihren Kern herunterzubrechen.
Auch Williams war fehlbar, eine allzu fabulierte Geschichte über seine Zeit als Reporter während des Irak-Kriegs kostete ihn 2015 seinen Posten bei den Nightly News.
Aber im Zuge der anschwellenden amerikanischen Tragödie namens Trump bekam Williams auf MSNBC eine neue Sendung. In The 11th Hour – sprichwörtlich: kurz bevor es zu spät ist – verzichtete Williams einfach auf die allzu oft, ja auch in Deutschland, phrasenhaften Politikerinterviews und besprach stattdessen mit all den glänzenden Reporterinnen der New York Times und Washington Post das Tagesgeschehen. Dazu kamen dann regelmäßig so herausragende Historiker wie Doris Kearns Goodwin und Jon Meacham zu Wort. Deren kluge Deutungen dürften an den vielen Tagen, an denen es darum ging, angesichts des neuesten trumpschen Irrsinns nicht den Verstand zu verlieren, von intellektuell segensreicher Wirkung gewesen sein.
Zum Abschied sagte Williams, er sei weder links noch rechts, sondern ein institutionalist, ein Anhänger jener rechtsstaatlichen Einrichtungen und ihrer fleischgewordenen Normen, ohne die keine Demokratie bestehen kann. Seine größte Sorge gelte in dieser Zeit jenem Land, „das unsere Vorfahren nicht wiedererkennen würden“. Es zu schützen vor dem Ungeist derer, die es sich durch Lug und Betrug zur Beute machen wollen, sei die Aufgabe aller. Ein einfaches „Good night!“ sagte Williams zum Schluss, der zweite Teil der legendären Formel Edward R. Murrows – siehe oben – hallte jedoch unüberhörbar nach.