Kolumne | Direktnachricht
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In dieser Woche ist der rechte Terroranschlag von Oslo und Utøya neun Jahre her. Seitdem wurden die Taten des Massenmörders Breivik, sowohl ideologisch als auch in ihrer Form, quasi zur Blaupause für rechten Terror weltweit.
So wollte auch Breivik schon Teile seines Terroranschlags live streamen und das Video übers Internet verbreiten, scheiterte aber technisch. Die Anschläge von Christchurch oder Halle setzten diese grausame Idee schließlich um, immer mit dem Ziel, ideologische Anhänger_innen weiter zu radikalisieren und neue zu gewinnen. Gerade Medienmacher_innen haben also eine enorme Verantwortung, wenn sie zum Beispiel über den Auftakt des Halle-Prozesses berichten, um dem Täter nicht erneut eine Bühne für seine menschenverachtende Propaganda zu geben.
Obwohl mittlerweile viel mehr Fachwissen über rechtsextreme Anschläge und die Ideologie dahinter existiert, schlägt sich das in der Berichterstattung noch zu wenig nieder. Es fällt auf, dass zum Beispiel Antifeminismus als Bestandteil rechter Ideologie weiterhin kaum erwähnt wird. Dabei „funktioniert“ diese rassistische und antisemitische Weltanschauung doch erst in Verbindung mit Antifeminismus und der darin verwobenen Frauenfeindlichkeit.
Auch die krassen, oftmals sexualisierten Drohungen gegen Politikerinnen wie Martina Renner, die Anwältin Seda Başay-Yıldız oder Comedian İdil Baydar, die seit längerem unter dem Label „NSU 2.0“ erfolgen (zur Erinnerung: Der NSU-Komplex ist in seiner Gesamtheit bis heute unaufgeklärt), sind deshalb nicht als irgendein neues Phänomen zu beäugen. Sie sind Symptome eines gesellschaftlichen Klimas, in dem rassistische Kommentare als „andere Meinungen, die man aushalten muss“ deklariert werden, der Kampf gegen Antisemitismus oft nur performativ bleibt und Antifeminismus höchstens bei Expert_innen auf dem Radar ist.
Gerade werden zwar viele Worte der Solidarität für die betroffenen Frauen ausgesprochen, doch İdil Baydar bringt es auf den schmerzhaften Punkt: „Solidarität zu bekommen, nützt mir ja nicht viel. Walter Lübcke hat sicherlich auch viel Solidarität erfahren und der liegt jetzt im Grab. Da will ich jetzt noch nicht hin.“
Wissen über rechte Ideologie und Schutz vor rechter Gewalt muss nicht nur eine Selbstverständlichkeit im Hier und Jetzt, sondern endlich auch als eine Investition in eine menschlichere Zukunft verstanden werden. Unsere Zukunft.