Junger Römer

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

20
06
20
06

Junger Römer

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

Wenngleich auf vielen Bildern mit Angela Merkel zu sehen, ist Bernhard Kotsch selbst im Berliner Regierungsviertel ein vergleichsweise wenig bekannter Mann. Ein Vertreter des klassischen Berufsbeamtentums, verschwiegen, den Primat der Politik anerkennend, dessen Gesetzmäßigkeiten zu ertragen sind.

Nach Jahren im Bundeskanzleramt wird Kotsch – von Juli an – als Botschafter beim Heiligen Stuhl wirken, wie die Position in Rom offiziell heißt. Der Posten ist in der Hierarchie des Auswärtigen Dienstes weit oben angesiedelt. Von der Besoldungsgruppe her ist er den Botschaftern der sogenannten B-9-Botschaften gleichgestellt – also etwa jenen in Washington, Peking und Moskau.

Keine letzte Station

Ungeschriebene Regel war es, verdiente Diplomaten nach glanzvoller Karriere, häufig auch Staatssekretäre, kurz vor dem altersbedingten Ende ihrer Laufbahn wie zur Belohnung in den Vatikan zu entsenden. Für Kotsch aber, 1969 in Regensburg geboren, wird auch nach Abschluss seiner – üblicherweise drei Jahre langen – neuen Verwendung das Leben als Pensionär anders als bei seinen Vorgängern längst nicht in Sicht sein. Darunter bisher nur eine Frau: Annette Schavan (CDU), Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ein Jahr nach ihrem unfreiwilligen Rücktritt vom Amt der Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Auch Kotsch gehört zum engen Kreis um Merkel. Nach dem Studium der Politik- und Geschichtswissenschaft und der Promotion ging er in den diplomatischen Dienst. Auslandsposten im Senegal. Er wechselte in die außenpolitische Abteilung des Bundeskanzleramtes und kam dann in das Büro Merkels, die er – herrührend aus einer kurzen Tätigkeit in der CDU-Zentrale – 1998 kennengelernt hatte. Kotsch wurde stellvertretender Leiter des Büros der bald scheidenden Kanzlerin.

Gelassen und effektiv

Während sich Merkels Büroleiterin Beate Baumann vor allem um deutsche Innenpolitik kümmerte, oblagen Kotsch in erster Linie die außenpolitischen Dinge: Zeitaufwendige Vorbereitung und Begleitung von Auslandsreisen sowie Entsprechendes bei Staatsbesuchen in Berlin. Seit 2018 ist er Chef der Geheimdienstabteilung des Kanzleramtes, die über den selbstbewussten Bundesnachrichtendienst wacht und für die Koordinierung der Arbeit der Nachrichtendienste des Bundes zuständig ist. In gelassener Effektivität hat er die brisante Aufgabe bewältigt. Die Bewährungsproben im Zentrum der Weltkirche sind von anderer Art. Kotsch freut sich darauf.

Weitere Artikel dieser Ausgabe