Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Ausgabe des Hauptstadtbriefs beginnt mit zwei Beiträgen, für die die Bezeichnung „Aus gegebenem Anlass“ zwar sachlich zutreffend ist, aber noch zu gewöhnlich klingt. Der Kriegsausbruch in Europa ist mehr als Breaking News, es handelt sich um eine Zäsur.
Ulrich Deppendorf, Mitherausgeber des Hauptstadtbriefs, hat den Kommentar zu den Ereignissen der vergangenen Tage aktuell und exklusiv für derhauptstadtbrief.de verfasst. Martin Schulze Wessel, Osteuropahistoriker aus München und derzeit in Oxford forschend, erläutert die Geschichte der Ukraine und deckt die politisch-historischen Verdrehungen, Fälschungen und Räuberpistolen auf, die zum Thema aus dem Kreml verlauten. Zwei essentielle Texte zum Verständnis der Lage.
Philippa Sigl-Glöckners Beitrag zum anderen großen Thema der vergangenen Wochen, der hohen Inflationsrate, steht ebenfalls im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine und dem Verhalten Russlands – Gaslieferungen, Nord Stream 2 und die Frage, was Deutschland und Europa in Sachen Energieautonomie tun können, ja, tun müssen, um nicht nur von den Kalkülen eines Despoten unabhängiger zu werden, sondern auch, um ein höheres Maß an Preisstabilität wiederzugewinnen.
Neben all den geopolitischen Schrecklichkeiten und finanzpolitischen Verwicklungen ist die Pandemie keineswegs ausgestanden, was die Parteien in der Regierungskoalition und in der Opposition mit, wie Angela Merkel einst sagte, Öffnungsorgiendebatten beschäftigt. Katharina Hamberger zeichnet die Wendungen und Windungen Markus Söders nach und verweist darauf, dass es für den bayerischen Ministerpräsidenten auf die Landtagswahlen im Herbst 2023 ankommt.
Günter Bannas erweitert seinen Bannaskreis in dieser Woche auf das Rheinland, wo Politik und Karnevalstraditionen in einem Zusammenhang stehen, der in Berlin noch immer nicht so richtig durchgedrungen ist. Auch die aktuellen Absagen der Rosenmontagsumzüge haben historische Präzedenzfälle, an denen die politische Temperatur im Land abzulesen ist.
Inge Kloepfer stellt in ihrem Zweiten Blick eine besorgniserregende Verschiebung im Verhältnis zwischen Polizei und Gesellschaft fest; jenseits von falscher Pauschalisierung in die eine oder andere Richtung, offenbaren sich dort doch Bruchlinien, über die debattiert werden müsste.
Im Postskriptum dieses Hauptstadtbriefs legt Lutz Lichtenberger nahe, dass es dem gesellschaftlichen Klima nicht schaden könnte, wilde Twitterei weder zu betreiben, noch zu verfolgen und schon gar nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche
Ihr Detlef Prinz