Kölner Republik

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

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Kölner Republik

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

Im Sommer 1990 wurde Kuwait von Saddam Husseins Truppen überfallen. Die Vereinigten Staaten und ihre Bündnispartner begannen Kampfaktionen, um den kleinen Nachbarn des Irak zu befreien. In Deutschland protestierte die Friedensbewegung. Motto: „Kein Blut für Öl!“. Weiße Betttücher wurden an Häusern aufgehängt. CNN etablierte sich als TV-Nachrichtensender – stündlich mit Bildern vom Krieg. 1991 sagten erst Mainz, dann Düsseldorf und schließlich Köln die Rosenmontagszüge ab. Doch das den Weiße-Betttücher-Aushängern nahe Milieu ließ eine uralte Tradition wieder aufleben. Es organisierte einen Gespensterzug entlang des Weges des Rosenmontagszuges – ein nächtlicher Brauch, der im Ersten Weltkrieg verboten worden war. Tausende Friedensfreunde und Karnevalisten feierten gemeinsam. Das Sich-Freuen wollten sie sich nicht verbieten lassen. So auch jetzt, Putin, des russischen Überfalls auf die Ukraine und Corona zum Trotz.

Die Rosenmontagsumzüge und verwandte Veranstaltungen am Rhein wurden nun zum zweiten Male hintereinander abgesagt, was es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gab – Resultat von Einsicht, politischem Druck und staatlichen Kostenerstattungen. Doch der Unmut ist gewachsen. Statt der weitgehend ehrenamtlich arbeitenden Karnevalsvereine veranstalten jetzt kommerzielle Unternehmen Kostümfeste.

Seit der Regierungssitz nicht mehr am Rhein residiert, tut sich solches Brauchtum schwer in Deutschland. Dass der Bundestag zur „fünften“ Jahreszeit keine Sitzungen einplant, führt in Berlin regelmäßig zur empörten Verwunderung. Die politische Führung Deutschlands stammt seit Jahren aus dem Norden und Osten – die Bundespräsidenten Wulff, Gauck und Steinmeier wie auch die Kanzler Schröder, Merkel und Scholz. Karnevalsaffine Politiker gerieten in Turbulenzen – Kramp-Karrenbauer, Nahles und Laschet. Markus Söder, einst aufgefallen durch aufwendige Verkleidungen, prägte den Satz: „Der Smoking ist das Kostüm des Ministerpräsidenten.“

Karl Lauterbach, obwohl in Birkesdorf geboren, das im Rheinland durch den Karnevalshit „Buuredanz“ (für Bauerntanz) der Gruppe Bläck Fööss (für nackte Füße) weltberühmt ist, empfahl, den Karneval im Sommer abzuhalten. Geharnischte Antwort von Christoph Kuckelkorn, Kölns Chefkarnevalist: „Der Karneval ist ein Fest im Jahreskreislauf wie Weihnachten und Ostern.“ Doch selbst das Vertagen ist nicht leicht. In Düsseldorf sollte der Rosenmontagszug auf den 8. Mai verlegt werden. Bis die historische Bedeutung dieses Tages bemerkt wurde.

Und Berlin? Der Bundespresseball wurde Corona wegen schon dreimal verschoben – nun auf Ende April. Doch was wäre, wenn der Gesundheitsminister sagte, er würde nicht kommen und auch vom Kommen abraten? Ehrengast ist der Bundespräsident, der den Ball mit einem Walzer eröffnet. Ob Steinmeier sich gegen Lauterbach durchsetzen könnte? Scholz, Habeck, Baerbock und Lindner dürften erst recht nicht erscheinen – der Bilder wegen, die angeblich niemand sehen will. Doch wer weiß. Sie könnten sich argumentativ auf die „Brauchtumszonen“ berufen, die dieser Tage am Rhein eingerichtet wurden, um das Treiben der Jecken zu kanalisieren.

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