Kolumne | Direktnachricht
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Mit dem 25. November, dem internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, ist gerade ein Datum vorbeigegangen, an dem das Reden über geschlechtsspezifische Gewalt zumindest eine gefühlte Allgegenwärtigkeit erreicht hat. Die mediale Berichterstattung hat gegenüber den Vorjahren definitiv zugenommen. Eine gute und überfällige Entwicklung, die all jenen zu verdanken ist, für die das Thema unabhängig vom Datum ganz oben auf der Agenda steht.
Ein Beigeschmack bleibt allerdings, wenn Frauenschutzhäuser und Fachberatungsstellen gezwungen sind, ihre zahlreichen Anliegen in einen Tag und knackige Zitate quetschen zu müssen – stets in Sorge, dass ihnen danach erneut kaum zugehört wird.
Es heißt immer, Medien brauchen Aufhänger, um über Themen berichten zu können. Warum ist dann allein die Tatsache, dass jeden dritten Tag eine Frau in Deutschland durch ihren (Ex-)Partner getötet wird, noch nicht Anlass genug für mehr Meldungen? Eine regelmäßige, sensible, differenzierte Berichterstattung über geschlechtsspezifische Gewalt mit Blick auf die verantwortlichen Strukturen ist schließlich kein Aktivismus. Sie gehört zum journalistischen Auftrag, um das Ausmaß dieses massiven Problems und damit die Realität unserer Gesellschaft abzubilden. Neben Erfahrungen Betroffener hieße das aber auch, Raum dafür zu geben, wie geschlechtsspezifische Gewalt eigentlich verhindert werden kann.
Fehlende Aufmerksamkeit ist leider nur ein Problem von vielen. Auch die Finanzierung von Schutzeinrichtungen und Hilfsangeboten ist weiterhin verdammt schlecht und ein durch Corona oft noch weiter ausgedünnter Flickenteppich aus Mitteln der Länder, Kommunen und bitternötigen Spenden. Mitarbeiter_innen werden in die Position der Bittsteller_innen gedrängt, obwohl sie einen unerlässlichen Job machen. Ein kaum zu leistender Kraftakt, wenn man eh schon am Rande der Kapazitäten arbeitet. Statt Berater_innen durch den brennenden Reifen in Form von Förderanträgen springen zu lassen und so gute Arbeitsbedingungen zu verhindern, muss endlich die bundeseinheitliche Finanzierung auf gesetzlicher Grundlage her.
Daten wie der 25. November sind wichtig, doch sie dürfen nicht zu bloßen Ritualen verkommen. Die Forderungen im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt sind nicht zuletzt mit der Istanbul-Konvention klar formuliert. Ihre Umsetzung darf, gerade bei der wachsenden Zahl Betroffener, nicht länger warten.