Kolumne | Direktnachricht
Kolumne | Direktnachricht
Noch bevor der Weltklimagipfel in Glasgow begann, waren die Hoffnungen, dass die teilnehmenden Staaten sich auf die fundamental notwendigen Änderungen einer globalen Klimaschutzstrategie einigen würden, eher gering. „30 Jahre Blablabla“, wie Greta Thunberg es beim Youth4Climate-Gipfel zusammenfasste, haben eben ihre desillusionierenden Spuren hinterlassen.
Dabei ist das Konzept einer internationalen Konferenz, um der Klimakrise zu begegnen, in der Theorie eigentlich wunderbar – schließlich sitzen wir auch alle zusammen auf diesem Planeten, der unser einziges Zuhause ist. Trotzdem trifft uns die Klimakrise nicht im selben Maße, und gerade die reichsten Staaten verhalten sich immer noch so, als gäbe es hinten im Lager eine weitere Erde, die man nur Last Minute über Amazon Prime bestellen müsste.
Wie ernst meint es ein Weltklimagipfel, bei dem die Zahl der Lobbyist_innen für fossile Energieträger selbst die der größten Länderdelegation übersteigt? 503 Lobbyist_innen der Kohle-, Öl- und Gasindustrien sind bei der COP26 vertreten, dagegen hatte Brasilien als größte Delegation nur 479 Mitglieder. Gleichzeitig wurden hunderte zivilgesellschaftliche Organisationen und viele Gruppen aus Ländern, die die Klimakrise am stärksten trifft, von den zentralen Verhandlungen rund um CO2-Handel, Schadensausgleich und Klimaschutzfinanzierung ausgeschlossen.
Auch deswegen braucht es weiterhin den enormen Druck insbesondere von Kindern und jungen Menschen, die sich zu Recht ihrer Zukunft beraubt sehen. Mit ihren erwachsenen Verbündeten protestierten sie in Massen vor den Türen der COP26. Dafür werden sie von den Staats- und Regierungschef_innen mittlerweile sogar gerne gelobt. All die warmen Worte und leeren Versprechungen führen bislang allerdings nur dazu, dass uns die kritische 1,5-Grad-Marke der Erderhitzung mit ihren tödlichen Konsequenzen bereits in neun Jahren droht.
So inspirierend, diese Jugend! Aber wirklich zuhören möchte man dann eben doch nicht, wenn gerade junge Schwarze Frauen und Frauen of Color das aussprechen, was eine globale Klimakrise mit sich bringt und was es für echten Klimaschutz wirklich braucht. So wird die ugandische Klimaschutzaktivistin Vanessa Nakate nicht müde, die eigentlich bis 2020 versprochenen Klimahilfezahlungen für den Globalen Süden einzufordern. Die ecuadorianische Umweltschützerin Helena Gualinga macht auf die Ermordungen indigener Aktivist_innen im Amazonasgebiet aufmerksam. Und Elizabeth Wathuti aus Kenia erzählt von den bereits täglich spürbaren Auswirkungen in ihrer Heimat, wo Wasser und Nahrung immer knapper werden.
Es gehört zum postkolonialen und zutiefst rassistischen Erbe, dass diese Berichte nicht bereits Anlass genug sind, um die Klimaschutzstrategie grundlegend zu ändern und das Leben aller Menschen sowie den Erhalt unseres Planeten zu priorisieren. Die Klimakrise ist kein gruseliges Szenario einer fernen Zukunft mehr, sie ist längst da. Dabei ist der nötige Wandel, um sie in ihrem vollen Ausmaß abzuwenden, immer noch möglich. Er ist nicht das Anliegen einer einzelnen Generation, sondern unser aller Verpflichtung.
Was wollen wir? Klimagerechtigkeit. Wann wollen wir sie? Jetzt!