Leben

Kolumne | Direktnachricht

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Kolumne | Direktnachricht

Münster. Beim CSD wird der trans Mann Malte C. angegriffen und erliegt nach knapp einer Woche seinen Verletzungen. Der Täter ist 20 Jahre alt.

Berlin. In einem Friseursalon wird eine dort arbeitende trans Frau attackiert und es wird mit einem Pflasterstein nach ihr geworfen. Der Täter ist 16 Jahre alt.

Bremen. In einer Straßenbahn wird einer trans Frau mehrmals ins Gesicht geschlagen. Die Jungs der 15-köpfigen Tätergruppe sind zwischen 12 und 14 Jahren.

Das sind Meldungen transfeindlicher Gewalt, die allein in den vergangenen Wochen nicht nur die LGBTQI+-Community erschütterten. Doch während nicht-queere Menschen nach einem kurzen Schock wieder zur Tagesordnung übergehen können, hallt bei queeren Menschen die schmerzhafte Beklemmung nach. Trotz aller Fortschritte geht es für sie nämlich nach wie vor darum, einfach ihr Leben leben zu können – respektiert und in Sicherheit.

Wenn es zu queerfeindlicher Diskriminierung und Gewalt kommt, lautet eine Standardreaktion von Politiker_innen häufig, dass diese bei uns keinen Platz haben. Natürlich ist eine klare Verurteilung LGBTQI+-feindlicher Gewalt löblich, denn dies ist erst seit jüngerer Zeit selbstverständlicher geworden und, wie so oft, hart erkämpft. Ehrlicher wäre es jedoch zuzugeben, dass queerfeindliche Diskriminierung und Gewalt sehr wohl immer noch einen Platz in unserer Gesellschaft haben, sonst wären sie an dieser Stelle nicht passiert.

Queerfeindlichkeit ist schließlich keine bösartige Person, die man einfach des Clubhauses verweisen kann. Sie ist auch nicht auf eine Generation mit antiquierten Geschlechterbildern beschränkt, wie das Alter der Täter der eingangs beschriebenen Fälle erschreckend verdeutlicht. Sie steckt in unseren gesellschaftlichen Strukturen, und derzeit findet, sowohl in Deutschland als auch global, eine Radikalisierung statt, die insbesondere trans Personen zur Zielscheibe macht.

Glaubwürdiger wäre es anzuerkennen, dass wir Queerfeindlichkeit als Gesellschaft konsequent verlernen und ihr vorbeugen müssen. Die einen haben dort freilich mehr Arbeit vor sich, die anderen weniger, und manche tragen dabei mehr Verantwortung als andere. Wie zum Beispiel Journalist_innen und Medien, die maßgeblich zur öffentlichen Meinungsbildung über marginalisierte Gruppen beitragen.

Doch gerade der Berichterstattung über trans Personen mangelt es gern an Sensibilität und ausführlicher Recherche. Meist wird in sinnfreien „Pro/Contra“-Formaten das False-Balance-Prinzip bedient und die Lebenswirklichkeit von trans Personen mitunter absichtlich verzerrt dargestellt. Die Kampagne TransMedienWatch kritisiert diese Problemlage und warnt unter anderem, dass verstärkt „Bilder und Begrifflichkeiten von trans*feindlichen Bewegungen aufgegriffen werden“, während die Expertise von trans Personen kaum Raum bekommt. Es ist eben auch eine journalistische Entscheidung, ob man zur Dämonisierung oder zur Aufklärung beiträgt. Oder mit den Worten der Autorin Felicia Ewert: „Transfeindlichkeit beginnt nicht mit wutschnaubenden Beleidigungen und körperlicher Gewalt, sondern mit der ‚ruhigen und sachlichen Debatte‘ über unsere Leben.“

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