Postskriptum
Postskriptum
Im Mai dieses Jahres veröffentliche Allison Gill in der Washington Post einen, wie sich erweisen sollte, eindrücklichen Kommentar, in dem sie vor den Folgen eines Abtreibungsverbots für US-Armeeangehörige warnte.
Gill, die sich in ihrem ungemein gelehrten und gewitzten Podcast Mueller, She Wrote jahrelang nur AG nannte (so auch in ihrem Beitrag für den HSB), um nicht gegen den Hatch Act zu verstoßen, der es Angehörigen des öffentlichen Diensts und des Militärs untersagt, sich politisch zu betätigen, wurde als Navy-Soldatin dennoch von der Trump-Regierung verdächtigt, verfolgt und schließlich versetzt. Dass Gills Laufbahn so unrühmlich endete, ist ein zusätzlicher Schandfleck der an solchen nicht eben armen Ära Trumps.
In der Post schildert Gill, wie sie als 21-Jährige unter Drogen gesetzt vergewaltigt und schwanger wurde. Der Schrecken hatte aber noch lange kein Ende. Als sie die Gewalttat zur Anzeige bringen wollte, musste sie sich die Fragen anhören, die so viele Opfer vor und nach ihr ertragen mussten und müssen: Was sie denn getragen habe, ob sie geflirtet habe, ob sie einen Streit mit ihrem Freund habe? Ein vorgesetzter Offizier drohte, sie könnte ihren guten Posten verlieren, würde unehrenhaft entlassen, da sie eine falsche Anschuldigung erhoben habe, würde vor ein Militärgericht gestellt und für Ehebruch angeklagt – da ihr Vergewaltiger (!) verheiratet gewesen sei. „Verbuchen wir die Sache unter dem, was es war,“ schlussfolgerte der Offizier schließlich, „eine schlechte Entscheidung ihrerseits.“
Gill konnte die Schwangerschaft in den 1990er-Jahren abbrechen und erhielt psychologische Betreuung: „Das Trauma der Vergewaltigung kostete mich beinahe das Leben. Der Zugang zu Behandlung und Versorgung, die ich anschließend erhielt, rettete mich.“
Die Fallzahlen sind unverändert erschreckend. Im Jahr 2018 meldete das Verteidigungsministerium, dass 20 500 Militärangehörige Opfer sexueller Gewalt wurden, zwei Jahre zuvor betrug die Zahl 14 900. Die Situation ist für die betroffenen Personen besonders heikel, da die höherrangigen Offiziere häufig nicht wollen, dass sexuelle Übergriffe unter ihrer Führung bekannt werden – und die Täter häufig Teil der Kommandostruktur sind. Die praktische Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in diesem Sommer bedeutete für Frauen und Transpersonen im Militär mithin noch einmal eine gesonderte Gefahr.
Verteidigungsminister Llyod Austin veröffentliche nun einen Erlass, in dem er sicherstellte, dass Militärangehörige in allen Bundesstaaten im Falle eines Schwangerschaftsabbruchs weiterhin behandelt und versorgt würden, bis hin zu einem Programm, das sicherstellt, dass Krankenversicherungen vor Klagen aus republikanischen Bundesländern geschützt werden.
Die Direktiven stimmen unübersehbar mit den Anregungen überein, die Gill in ihrem aufsehenerregenden – und folgenreichen – Text vorgetragen hatte. Sie hat mehr als nur einen Orden verdient.