Plisch ohne Plum

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

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Plisch ohne Plum

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

Natürlich hätte das Gipfeltreffen, zu dem Olaf Scholz für diesen Montag Vertreter von Arbeitgebern, Gewerkschaften und anderen Organisationen eingeladen hat, auch „Bündnis für Arbeit“ heißen können. Der Bundeskanzler aber wählte den Titel „Konzertierte Aktion“. Zwar gilt das Diktum, Namen seien Schall und Rauch. Doch Zeichen sind sie auch. „Bündnis für Arbeit“ ist eine Begrifflichkeit der Kanzlerschaft Gerhard Schröders, gegen den es wegen seiner Freundschaft zu Putin und seiner Bewertung des russischen Überfalls auf die Ukraine Anträge gibt, ihn aus der SPD auszuschließen. Auch haben Scholz und die Parteispitze mit Schröder gebrochen. „Konzertierte Aktion“ hingegen klingt nach Karl Schiller, dem erfolgreichen SPD-Wirtschaftsminister der großen Koalition aus der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre, der damals von einem „Tisch der gesellschaftlichen Vernunft“ sprach. Schiller hatte zwar 1972 das Amt des „Superministers“ (für Wirtschaft und Finanzen) niedergelegt und war aus dem ersten Kabinett Willy Brandts ausgeschieden, weil er dessen Währungs- und Finanzpolitik ablehnte. Er war sogar aus der SPD ausgetreten, was er allerdings mit einem späteren Wiedereintritt wieder wettmachte. In Erinnerung blieb aber, dass es dem Sozialdemokraten Schiller erstmals gelungen war, die Unionsparteien in Sachen Wirtschaftskompetenz zu überflügeln. Ein Vorbild für Olaf Scholz?

Manche Sprüche und Bilder bleiben – von wegen Schall und Rauch – an Politikern wie Pech und Schwefel kleben. Schröders „faule Säcke“ etwa (für Lehrer) und „Gedöns“ (für Familienpolitik und Ähnliches) oder auch „Koch und Kellner“ (für sein Verhältnis zum grünen Koalitionspartner). Scholz hat das auch selbst erlebt, hat er doch Schröder einst als SPD-Generalsekretär zugearbeitet. Aus jener Zeit stammt die für ihn wenig schmeichelhafte Kennzeichnung als „Scholzomat“, weil er seinem Auftrag, Schröders Agenda-2010-Politik zu verteidigen, mit den immer gleichen gestanzten Formeln nachkam. Diese Form politischer Kommunikation ist den Aufregungen des Journalismus abhold, hat aber eine Kehrseite. Scholz will nicht sprunghaft erscheinen und Kurs halten, beinahe bis hin zu einem „Komme, was da wolle“. Das formelhafte Ablesen von Kommuniqués gehört dazu. Das steigert zwar nicht den Beifall des Publikums. Subkutan werden so aber Präzision und Verlässlichkeit vermittelt, was – vielleicht – dauerhafter ist als demoskopische Stimmungsbilder.

Vorerst freilich hat Scholz mit einem Bonmot von Kabarettisten zu leben. Die Erzählung geht so: Gemeinsamer Auftritt von Scholz und Robert Habeck vor großem Publikum. „Scholz ist da und der Kanzler auch“, lautet die ironische Quintessenz. Für Olaf Scholz ist das nicht schön. Der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister und auch Annalena Baerbock, die grüne Außenministerin, laufen ihm derzeit in den Umfragen den Rang ab. Scholz und seine Leute halten dagegen, freundlich, aber bestimmt – getreu seiner alten, von Überheblichkeit nicht freien Maßgabe: „Wenn man bei mir Führung bestellt, bekommt man sie auch.“ Sogar Sozialdemokraten an der Spitze von Partei und Fraktion erfahren das immer wieder.

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