Postskriptum
Postskriptum
Auffallend, was es alles nicht gibt. Kein buntes Studio, keine Einspieler, keine offizierskasinohaften Klagen, man sei gerade schon wieder unterbrochen worden. Außerdem keine Stückweits, Sozusagens oder Irgendwies. Wenn dem Fragesteller eine Antwort zu gestanzt oder verdruckst erscheint, bittet er hanseatisch-höflich, doch bitte „zu denken“. Im Ernst.
Günter Gaus führte von 1963 bis 1966 eine Gesprächsreihe unter dem Titel Zur Person mit einer illustren Reihe von Geistesgrößen, darunter Klassiker wie Hannah Arendt, Golo Mann und Willy Brandt. Dass Gaus in der Regel überhaupt nicht zu sehen ist, die Kamera stets den Gesprächspartner im Blick behält, dürfte weniger der einfachen Technik geschuldet als vielmehr Programm sein. Gaus’ Fragetechnik ist es nicht weniger. Keine gespielten Provokationen, kein Interesse, Phrasenabladestation zu sein, keine intellektuelle Provinzialität, die vor lauter Angst, das Publikum nicht dort abzuholen, wo es vermeintlich steht, paternalisiert.
Und siehe da, die Gäste – langsam auftauend Franz Josef Strauß, gespenstisch erhellend Gustaf Gründgens oder unbestechlich-sachlich Oswald von Nell-Breuning („Es ist besorgniserregend, in welcher Ruhe und Gelassenheit die westliche Welt mit sich selber, mit ihren sozialen und ökonomischen wie auch mit ihren politisch-demokratischen Verhältnissen zufrieden ist.“) – betreiben keinen neumodisch-wohlfeilen Dialog auf vorgeblicher Augenhöhe, sondern sprechen wie Erwachsene zur Sache.
Die Mediatheken von ARD und ZDF (in letzterer ist Zur Person seit vergangener Woche abrufbar) sind ein Spezialcontainer für vorgebliche Sonderinteressen, und sei es Herausragendes, das keine hohen Zuschauerzahlen verspricht. Warum aber nicht einmal den unleidlichen Quotenspieß umdrehen und die trällernden Hertels, Silbereisens und Gabaliers – und wo wir schon dabei sind, die immergleiche Plapperei der Wills, Maischbergers und Lanzens – aus dem Hauptprogramm streichen und dafür – wer’s denn sehen will – per Abruf bereithalten. Könnte man darüber nachdenken. Im Ernst.