Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
eine Ampel-Koalition im Bund wäre ohne direktes historisches Vorbild in der Geschichte der Bundesrepublik. Zwei kombinierte Vorläufer gab es allerdings doch: das sozialliberale Bündnis 1969, angeführt von Willy Brandt und Walter Scheel (von 1974 an mit Helmut Schmidt als Bundeskanzler) und Rot-Grün 1998 mit Gerhard Schröder als Bundeskanzler und Joschka Fischer als grünem Außenminister.
Der Politologe Hans Jörg Hennecke schrieb nach Schröders Wiederwahl 2003 das Buch über die ersten vier Jahre jener Regierung, die die sogenannte Berliner Republik einleitete – und, das nebenbei, auch den Hauptstadtbrief im Umzugsjahr 1999 ins Leben rief, der eben jenen Wechsel der Hauptstadt vom Rhein an die Spree begleiten sollte. Hennecke schrieb damals von der „dritten Republik“, von „Aufbruch und Ernüchterung“ – und wagt in dieser Ausgabe des Hauptstadtbriefs einen nicht etwa präventiv desillusionierten, aber doch abgeklärten Blick auf das in diesen Tagen langsam, aber immer deutlicher Gestalt annehmende rot-grün-gelbe Bündnis.
Unser sonntäglicher Kolumnist Günter Bannas hat die Jahre nach dem Umzug von Bonn nach Berlin ebenfalls in einem lehrreichen und unterhaltsamen Buch beschrieben, „Machtverschiebung. Wie die Berliner Republik unsere Politik verändert hat“.
Für diese Ausgabe hat er sich auf eine zeitgeschichtliche Reise ins Jahr 1969 begeben und beschreibt geradezu lustvoll die illustre Entstehungsgeschichte der ersten SPD-FDP-Koalition, die erste überhaupt, in der die Union nicht den Kanzler stellte. Eine prominente Rolle spielt in Bannas’ wahrem Kabinettstück ein drittes zeitgeschichtliches Buch, Arnulf Barings „Machtwechsel. Die Ära Brandt-Scheel“, das bis heute begriffs- und deutungsbildend geblieben ist.
Wer nach Lektüre der heutigen Ausgabe noch nicht genug hat, dem seien alle drei Bücher nur wärmsten empfohlen.
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Auch Inge Kloepfer wartet mit historisch-literarischen Bezugspunkten in ihrem Zweiten Blick auf, zoomt dann aber in die unmittelbarste Gegenwart – die Veröffentlichung der jüngsten „Pandora Papers“, die das geheime, aber vielleicht nicht unbedingt illegale Finanzgebaren von Politikern, Prominenten und Firmen publik gemacht haben.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen
Ihr Detlef Prinz