Postskriptum
Postskriptum
Neunundzwanzig Textnachrichten gingen in den Tagen nach den US-Präsidentschaftswahlen 2020 zwischen Ginni Thomas und Mark Meadows hin und her. Thomas hielt mit ihren Ansichten und Absichten nicht hinter dem Berg aus völlig irren Theorien. Die Wahlen seien zugunsten Joe Bidens gefälscht worden, und ihr Freund müsse etwas dagegen tun: „Hilf Diesem Großen Präsidenten (sic) standhaft zu bleiben, Mark!!!… Du bist der Anführer, mit ihm, der für Amerikas verfassungsmäßige Staatsführung am Abgrund steht. Die Mehrheit weiß, dass Biden und die Linken den größten Diebstahl unserer Geschichte betreiben.“ Sie sei angewidert von Vizepräsident Mike Pence, der sich weigere, die Bestätigung von Bidens Sieg zu blockieren. Das Ende Amerikas sei nahe, wenn dies nicht geschehe.
Meadows war zu der Zeit Donald Trumps chief of staff, vergleichbar etwa mit dem Kanzleramtsminister in Deutschland. Thomas ist eine rechte Aktivistin – selten war die Bezeichnung konservativ, die noch immer verwendet wird, irreführender – und die Ehefrau des Verfassungsrichters Clarence Thomas, dem Rechtsausleger des Supreme Courts.
Nach der Wahl versuchten Trump und sein Team bei eben diesem höchsten Gericht die Wahl anzufechten. Auch die drei von ihm nominierten, sonst nicht eben gemäßigten Richter verwarfen das Ansinnen als komplett haltlos. 8 zu 1 ging die Abstimmung aus – eine scharf abweichende Meinung vertrat allein, ja, Clarence Thomas.
Ginni Thomas war zugegen am 6. Januar, als Trump die wütende Menge in Washington dazu aufforderte, zum Kapitol zu marschieren. Bevor es zum gewaltsamen Sturm kam, sei sie allerdings, der Kälte wegen, gegangen.
Zurück im Warmen sandte Thomas E-Mails an Komplizen in Arizona und an John Eastman, den Architekten des Staatsstreichversuchs. Die Verschwörer dort sollten neue Wahlmänner berufen, die nicht für Gewinner Biden, sondern für Verlierer Trump stimmen sollten – ein Element von Eastmans Plan. Eastman ist übrigens ein ehemaliger Rechtsreferendar von Clarence Thomas.
Die demokratische Verfasstheit der USA steht tatsächlich am Abgrund. Ihre gefährlichsten Feinde sitzen an den höchsten Stellen.