Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
die Beschäftigung mit den Führungsfragen in CDU und SPD, so unterschiedlich sie sein mögen, absorbiert einen großen Teil der Aufmerksamkeit im politischen Berlin und im ganzen Land. Die Grünen haben in dieser Hinsicht keinerlei Probleme, an der Spitze der Partei steht eine harmonische und beliebte Doppelspitze. Annalena Baerbock und Robert Habeck erscheinen dabei auch noch frei von internem Gerangel zu sein und kein Gehirnschmalz mit taktischen Manövern zur gegenseitigen Unterminierung zu verplempern.
Und doch darf davon ausgegangen werden, dass der Partei auf dem klar anvisierten Weg zur Macht nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr noch schwerwiegende Konflikte ins Haus stehen dürften. Immerhin geht es dabei um genuin politische Richtungsentscheidungen.
Und um uns durch dieses Dickicht zu lotsen, steht in dieser Ausgabe des Hauptstadtbriefs am Sonntag Frank Decker bereit, einer der im besten Sinne sachlichsten und klarsichtigsten Parteienforscher, die Deutschland aufzubieten hat.
„Für welche Klimaschutzmaßnahmen treten die Grünen ein? Welches Regierungsbündnis peilen sie an? Und welche „roten Linien“ würden sie ziehen, wenn sie mit der Union koalieren müssten und diese klimapolitisch auf die Bremse tritt?“ fragt der Bonner Politologe und zeichnet Geschichte und Konstellationen nach, welche die Grünen in ihre zugleich glückliche und komplizierte Lage gebracht haben, für so viele verschiedene Regierungsbündnisse kompatibel zu sein.
Für den zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs konnten wir Ismail Küpeli gewinnen, der an der Universität Köln zur „Kurdenfrage“ in der Türkei forscht. Der Autor der Blätter für deutsche und internationale Politik versteht es vortrefflich, die Innen- und Außenpolitik Ankaras in ihrer unguten Dynamik als ein Ganzes zu entschlüsseln. „Die erstarkende nationalistische Rhetorik der Regierungspartei AKP“, schreibt Küpeli, „führt nicht nur zu einer größeren Feindschaft zwischen Türken und Kurden im eigenen Land, sondern sorgt auch für Spannungen und Konflikte mit den Nachbarländern“. Sie beträfe nicht nur Syrien und den Irak, wo türkische Truppen sich Gefechte mit dortigen Milizen liefern, sondern auch die EU-Mitgliedsstaaten Griechenland und Zypern. Die Türkei-Frage bleibt auch eine europäische.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche
Ihr Detlef Prinz