Postskriptum
Postskriptum
Ein 42-jähriger Mann bricht in das Haus Nancy Pelosis, der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses, in San Francisco ein. Er führt eine Rolle Klebeband bei sich, zwei Hämmer, zwei Sets Handschuhe und Kabelbinder. Während er Paul Pelosi, den 82-jährigen Ehemann, angreift und verletzt, brüllt er: „Wo ist Nancy?“ (In Deutschland entspräche ihr Amt in etwa einer Kombination aus Bundestagspräsidentin und Fraktionsvorsitzenden.)
Auf den üblichen sozialen Medien hatte der Attentäter in den Tagen zuvor das leider in jenen Kreisen ebenfalls schon übliche krude bis radikal verschwörungstheoretische und antisemitische Geschwurbel verbreitet. Die Staatsanwaltschaft hat den Mann inzwischen des versuchten Kidnappings und der Körperverletzung angeklagt.
Elon Musk insinuierte auf Twitter, es gebe die „klitzekleine Möglichkeit, dass es mehr zu dieser Geschichte“ gebe, als es den Anschein habe. Dazu verlinkte er einen Artikel einer jener obskurantistischen Websites, die wie Zeitungen tun, aber keine sind. In dem Text behauptet der Santa Monica Observer, bei dem Angreifer handle es sich um einen Sexarbeiter, der mit seinem „Kunden“ in Streit geraten sei. Musk – ein vorsichtiges Zurückrudern immerhin – löschte den Tweet später. Marjorie Taylor Greene, Abgeordnete aus Georgia, Supertrumpistin und wirklich hemmungslos darin, alle Dämlichkeiten unter der Sonne zum Besten zu geben, sagte daraufhin, demokratische Aktivisten würden Musk, den neuen Besitzer von Twitter, auf Twitter zum Schweigen bringen.
Dinesh D’Souza beschuldigte die Polizei in San Francisco, die „Wahrheit“ vertuschen zu wollen. D’Souza ist eines jener bezeichnenden Fallbeispiele für den geistigen Niedergang des republikanischen Establishments. Einst Berater Ronald Reagans und anschließend in mehreren (einst) leidlich respektablen konservativen Think Tanks unterwegs, entwickelte er sich in den vergangenen zwanzig Jahren zu einer jener „Medienpersönlichkeiten“, deren Geschäftsmodell auf lächerlich absurden Thesen über die Demokratische Partei gründet. Distort D’Newsa – auf Deutsch weniger schön: Verzerrer der Nachrichten – ist sein wohlverdienter Spottname.
Die amerikanischen Zwischenwahlen am Dienstag hat die Republikanische Partei bereits verloren. Denn ungeachtet der Frage, ob sie Mehrheiten im Repräsentantenhaus oder Senat gewinnen kann, hat sie Vernunft und jenes Mindestmaß an Menschlichkeit und Mitgefühl, ohne das kein Staat zu machen und keine Gesellschaft zu erhalten ist, an den Irrsinn ihres abgewählten Götzen und sein Knallchargengefolge abgetreten.