Kolumne | Direktnachricht
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I can’t believe I still have to protest this shit. Diese Erinnerung an einen meiner liebsten Demoplakatsprüche ploppte sofort wieder auf, als die Ärztin Kristina Hänel am Dienstag twitterte, nun rechtskräftig nach §219a verurteilt worden zu sein.
In der Begründung heißt es: Sie habe auf ihrer Homepage über eine eigene Schaltfläche offeriert, in ihrer Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und die hierfür verwendeten Methoden sowie den konkreten Ablauf erläutert. Dies erfülle objektiv die Voraussetzungen des Anbietens von Diensten zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen.
Mit der 2019 in Kraft getretenen Reform beabsichtigte die Groko für die Grauzone §219a eine endgültige Rechtssicherheit. Tja, das ist ihr gelungen. Ärzt_innen, die Abbrüche durchführen, werden nun bestraft, sofern sie im Netz darüber informieren, wie ein Abbruch abläuft. Im Wörterbuch wird die Reform vermutlich einmal als Beispiel stehen, um den Begriff „Verschlimmbesserung“ zu erklären.
Für Hänel ist der nächste Schritt klar: Sie reicht Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein und folgt damit Bettina Gaber, die als erste Ärztin nach §219a rechtskräftig verurteilt wurde. Sie muss also weiterhin für etwas kämpfen, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich sachlich über eine Gesundheitsleistung aufklären zu können. Währenddessen dürfen Webseiten, die Abtreibung mit dem Holocaust gleichsetzen und Lügen über Ärzt_innen verbreiten, weiterhin problemlos existieren.
§219a kann aber auch nur „funktionieren“, weil Schwangerschaftsabbrüche laut §218 immer noch illegal und nur unter bestimmten Voraussetzungen (wie zum Beispiel der Pflichtberatung) straffrei sind. Das Gesetz hat seine Wurzeln in Frauenfeindlichkeit – gepaart mit einer rassistischen, queerfeindlichen und ableistischen Bevölkerungspolitik betrifft es aber alle gebärfähigen Menschen.
Es macht etwas mit einer Gesellschaft, wenn so grundlegende Aspekte der Selbstbestimmung auch heute noch übers Strafgesetzbuch – direkt hinter Mord und Totschlag – geregelt werden. In diesem Jahr wird der §218 übrigens bereits 150 Jahre alt.
Einhundert. Und. Fünfzig. Jahre!
Na, herzlichen Glückwunsch ans Patriarchat. Statt Blumen schicken wir reihenweise Mittelfinger. Wer §219a abschaffen will, sollte dort nicht aufhören, sondern weiter dafür kämpfen, dass reproduktive Rechte auch in Deutschland juristisch verankert und endlich respektiert werden.