Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
kein besserer Einstieg in diese Ausgabe des Hauptstadtbriefs am Samstag als die Direktnachricht Anne Wizoreks. Unsere Kolumnistin legt so elegant wie streitfreudig dar, was im bisherigen Wahlkampf und seiner medialen Begleitmusik so ungut gelaufen ist – aber nicht ohne auf einige Themen und Probleme aufmerksam zu machen – vor allem den Kampf gegen Rechtsextremismus und rechten Terror – bei denen Lippenbekenntnisse einfach nicht mehr ausreichen.
Für die beiden Beiträge haben wir uns dann auch Wizoreks Impuls zu Herzen genommen und uns mit der deutschen Außen- und Wirtschaftspolitik zwei große Themen vorgenommen, die zwar von zentraler Bedeutung für das Land – und Europa – sind, aber entweder nur am Rande oder mit den immer gleichen Schlagworten durchexerziert werden.
So tänzelten die bisherigen Trielle etwas tapsig um die großen außenpolitischen Fragen herum, wahrscheinlich taugt die auf Konfrontation, kurze Sätze und schnelle Themenwechsel setzende Talk-Gattung nur sehr bedingt dafür. (Obgleich die Frage, wie die Linkspartei es mit der Nato hielte und sich womöglich für eine rot-grün-rote Koalition ins Spiel brachte, doch eine Steilvorlage hätte sein können.)
Henning Hoff, außenpolitischer Korrespondent des Hauptstadtbriefs, ist in dieser Ausgabe dann aber doch der Wurf gelungen, eine Analyse vorzunehmen und eine Agenda aufzuzeigen, an der keine Außenpolitikerin, kein Außenpolitiker im Parlament oder den geostrategischen think tanks vorbeikommen dürfte.
Hoff, Editor-at-Large der renommierten Zeitschrift Internationale Politik formuliert mit kühler Präzision, welche Aufgaben auf die kommende Bundesregierung warten – von der Ertüchtigung Europas über die transatlantische Bringschuld bis zur realistischen und engagierteren Politik gegenüber China und Russland.
Auch Wolfgang Mulke mahnt das deutsche Lavieren ab – in seinem einordnenden Überblick zur Frage der wirtschaftspolitischen Erwartungen an die neue Regierung. Von der Wirtschaft kann dabei kaum noch gesprochen werden, zu unterschiedlich sind die Interessen, Bedürfnisse, Hoffnungen, darin unterscheidet sich die Unternehmenswelt kaum mehr von der fragmentierten Öffentlichkeit. Bei Mulke, der dem Netzwerk die korrespondent:innen angehört, eine der ersten Adressen für Wirtschaftsberichterstattung, wird eines jedoch deutlich: Mehr politisch-ökologische Dynamik verspricht mehr Ertrag als die alles andere als dynamische pauschale Angst vor „Vorboten“, mit der allzu oft allein überholte Geschäftsmodelle aufrechterhalten werden sollen.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen
Ihr Detlef Prinz