Kolumne | Direktnachricht
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„Mit dem Wissen von heute bin ich ehrlich gesagt nicht hundertprozentig überzeugt, dass ich nochmal einen internationalen Transgender Day of Visibility starten würde.“ Eine traurige Erkenntnis von Rachel Crandall-Crocker, die am 31. März 2009 eben diesen Tag initiierte. Wie viele andere trans* Personen vermisste sie ein Datum, um die Vielfalt und Existenz der eigenen Community zu feiern – statt nur ihrer Toten zu gedenken.
Doch Sichtbarkeit ist eine zweischneidige Sache. Sie kann selbstgewählt geschehen, um Wünsche zu äußern, die eigene Lebensrealität zu teilen, sich mit anderen zu vernetzen und damit eine positive Erfahrung sein. Aktuell bedeutet Sichtbarkeit für trans* Personen aber – online wie offline – primär Gewalt, da sie ständig als Verhandlungsmasse ins Rampenlicht politischer Debatten gezerrt und dort als Feindbild beschworen werden.
Trans* und nicht-binäre Personen rütteln eben nicht nur an den Grundfesten der Zweigeschlechtlichkeit, die einen Menschen von Geburt an am liebsten über dessen Genitalien beurteilt. Trans* Personen sind der lebende Beweis dafür, dass diese Ideologie unterdrückerischer Humbug für uns alle ist.
Dass sich rechtskonservative Kräfte davon angegriffen fühlen, verwundert nicht. Doch können sie mit ihren Kampagnen gegen die Selbstbestimmung von trans* Personen leider oft auf die Transfeindlichkeit der Dominanzgesellschaft zählen. Wahlweise wird dann vorgegeben, nur im Namen von Kinder- oder Frauenrechten zu handeln, und auch selbsternannte Feministinnen starten widerlichste Attacken.
Der Kampf für körperliche Selbstbestimmung ist ein absolut feministisches Anliegen. Er kann daher nur mit trans* Personen geführt und einschließlich ihrer Bedürfnisse auf der Agenda gewonnen werden. Wer die medizinische Versorgung von trans* Personen – gerade wenn sie Kinder oder Jugendliche sind – blockiert, verordnet ihnen dagegen eine Konversionstherapie durch die Hintertür. Auch deshalb braucht es anstelle des sogenannten „Transsexuellengesetzes“ endlich ein Selbstbestimmungsgesetz.
Statt kostspieliger, zeitaufwendiger und entwürdigender Gutachterei, die auf übergriffige Fragen nach Masturbationsverhalten oder sexuellen Vorlieben setzt, zählt dann die Selbstauskunft der jeweiligen Person. Um den Geschlechtseintrag zu ändern, genügt eine Erklärung vor dem Standesamt. Denn nur trans* Personen selbst sind Expert_innen für ihre geschlechtliche Identität.