Kolumne | Direktnachricht
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Everything, everywhere, all at once. Ausnahmsweise handelt es sich hierbei einmal nicht um den exzellenten Gewinnerfilm der Oscars 2023, in dem Hot-Dog-Hände noch die kleinste Überraschung darstellen. Nein, mit diesen passenden Worten unterstrich UN-Generalsekretär António Guterres seinen eindringlichen Appell anlässlich der Veröffentlichung des jüngsten Berichts des Weltklimarats. Kurz gesagt brauche unsere Erde Klimaschutzmaßnahmen an allen Fronten, so Guterres und der IPCC-Bericht.
Mit dem Klimaentscheid in Berlin hätte ein ebensolcher Vorstoß gelingen können. Die Realität des negativen Ausgangs ist harsch, der folgende Frust bei Befürworter*innen verständlicherweise groß. Selbst wenn es keine konkrete Gegenkampagne gab, existierten zahlreiche Hürden für Berliner*innen, sofern sie überhaupt wahlberechtigt waren. Angefangen bei der Desillusion nach früheren Volksentscheiden, deren Ergebnisse ignoriert oder angefochten werden. Fortgesetzt über die politisch verhinderte Zusammenlegung von Wiederholungswahltermin und Klimaentscheid, was die Mobilisierung enorm erschwerte und das Misstrauen in die Politik verstärkte. Bis zum klassischen Schreckgespenst „Klimaschutz kostet zu viel!“, das erneut umhergescheucht wurde.
Dieser fossile Geist kann deshalb so wirksam wüten, weil uns allen der kapitalistische Verteilungskampf eingehämmert worden ist und uns sowie unsere grundlegenden Bedürfnisse gegeneinander ausspielt. Ein gutes Leben in Sicherheit, mit frischer Luft, sauberem Wasser, genug zu essen, hat demnach nur verdient, wer es bezahlen kann. Es ist ein tödliches Weltbild, das genauso menschengemacht ist, wie die daraus resultierende Klimakrise und dessen Machtstrukturen uns bei der Bekämpfung eben dieser nun beharrlich blockiert.
Trotz verfehlten Quorums ist der Klimaentscheid dennoch auch als Erfolg zu werten. Freilich sind damit nicht diejenigen gemeint, die jetzt feixend die Niederlage feiern und quasi auf ihrem eigenen künftigen Grab tanzen. Doch obwohl es die bereits beschriebenen massiven Hindernisse und noch weitere gab, konnten am Ende Menschen zur Abstimmung mobilisiert werden und stimmten mehrheitlich mit Ja. Mit 442 210 Stimmen votierten sogar mehr Leute für Klimaschutz als für die CDU bei der Abgeordnetenhauswahl. Außerdem wurden Klimaschutzbündnisse ausgebaut und gefestigt, die hoffentlich andere inspirieren, aktiv(er) zu werden.
Es scheint jedenfalls, die wichtigste Fähigkeit im 21. Jahrhundert sei nicht etwa, ein Smartphone bedienen zu können, Fake News zu entlarven oder das Papstbild in stylischer Daunenjacke als KI-generiert zu erkennen. Die wichtigste Fähigkeit ist es, im Angesicht der drohenden Klimakatastrophe und aller Rückschläge trotzdem weiter Hoffnung zu bewahren. Hoffnung, dass sich immer mehr Menschen für unseren Planeten engagieren-, statt auf dessen Ausbeutung zu setzen, und wir gemeinsam Schlimmeres verhindern. Hoffnung, dass politische Entscheidungsträger*innen uns beim Klimaschutz nicht vertrösten oder anlügen, sondern sich verpflichten und direkt loslegen. Aufgeben ist keine Option. Schließlich geht es um alles – überall und sofort.