Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
nachdem Sie in der Vorwoche eine spannende Episode aus Fritz Pleitgens großartigem Buch lesen konnten, die von den Überwachungsmethoden des DDR-Staats erzählte, wollten wir für den zweiten Teil in diesem Hauptstadtbrief am Sonntag einen Augenzeugenbericht aus jenen sagenumwobenen letzten Tagen des Regimes mit Ihnen teilen, der ein Gespür dafür vermittelt, was mit Pleitgens Buchtitel im Kern gemeint ist: „Eine unmögliche Geschichte. Als Politik und Bürger Berge versetzten.“ Zugleich bereitet es mir auch eine besondere Freude, dass in jener Passage auch Ulrich Deppendorf – damals in der Chefredaktion des WDR und heute Herausgeber des Hauptstadtbriefs – eine nicht ganz unerhebliche Nebenrolle spielt.
Bei allem Interesse, ja, der notwendigen Befassung mit dem politischen Tagesgeschäft, musste ich doch gerade in diesen Tagen, an denen es Hoffnung auf das Ende des pandemischen Ausnahmezustandes gibt, an einen Satz Gustav Seibts denken, der seine Neigung zu Geschichtsbüchern auf „ein Gefühl von Klaustrophobie, eine auf die Zeit bezogene Platzangst“ zurückführte, die er unbedingt überwinden wollte: „Es hätte mich ebenso bedrückt, nur in der Gegenwart zu Hause zu sein, wie wenn ich in einem einzigem Zimmer eingesperrt gewesen wäre.“
Die Lektüre dieses historischen Kabinettstücks über den 9. November 1989 – und natürlich auch des ganzen Buches von Fritz Pleitgen, das in dieser Woche erschienen ist – kann ich Ihnen nur noch einmal auch im seibtschen Sinne wärmstens ans Herz legen.
Günter Bannas tritt in seiner Kolumne in dieser Woche in gewisser Weise aus dem titelgebenden Bannaskreis heraus – bis ins südwestliche Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht nicht nur mit seinen jüngsten Urteilen zur Corona-Notbremse und zu einem umfassenderen Klimaschutz für Schlagezeilen gesorgt und zu weitergehenden Debatten Anlass gegeben hat.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche
Ihr Detlef Prinz