Ungetrübt

Editorial des Verlegers

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Ungetrübt

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

mit Schrecken und Sorge sehen wir die Bilder aus Israel und den palästinensischen Gebieten – aber auf noch einmal eine andere Weise durchfuhr es mich, als uns unsere Israel-Korrespondentin in Tel Aviv, Gisela Dachs, von den Raketennächten berichtete. Dachs, die lange Jahre für die Zeit berichtete und heute an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrt, schreibt in diesem Hauptstadtbrief am Samstag dennoch so sachlich wie erhellend über die innenpolitischen Diskussionen und Fragen, die sich aus der aktuellen Eskalation ergeben. Robert McNamara, amerikanischer Verteidigungsminister von 1961 bis 1968, prägte den Begriff des fog of war, jenes sinnbildlichen Nebels, der den klaren Blick auf die Ereignisse im Krieg so schnell und gefährlich verschleiere. Dachs Beschreibung der Lage sorgt in diesem Sinne für einen ungetrübten Blick auf Kalküle und Interessen der Protagonisten vor Ort – ein unentbehrlicher Beitrag zum Verständnis der gegenwärtigen Gewalt in Nahost.

Im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs schreibt Claus Leggewie über einen Vorfall in Frankreich, der in Deutschland bisher nur am Rande beachtet wurde. Der Appell französischer Militärs ist ein Vorgang mit unguter Geschichte und ein beunruhigendes Zeichen für die Gegenwart.

Leggewie, lange Zeit Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen und Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik klärt über diese Geschichte auf und analysiert scharf, welche Gefahren sich für heute ergeben – auch für Deutschland.

Anne Wizorek rückt in ihrer erneut wohltuend klaren Direktnachricht den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interfeindlichkeit, kurz IDAHOBIT, ins Zentrum.

Da darf es kein Vertun geben: Noch immer glauben rechtsaußen zu viele Ungeister, mit dünnster Polemik Punkte im neuen Kulturkampf erzielen zu können. Punkte gegen etwas, das letztlich nichts anderes als die wunderbare menschliche Vielfalt darstellt und ist, die eigentlich ein Grund zur Freude sein sollte. Damit dringen sie leider auch mitunter bis in bürgerliche Kreise vor, die in schwachen Momenten Trugbilder aus den 1950er-Jahren vor Augen zu haben scheinen, einer Zeit, die ihnen noch vermeintlich wohlgeordneter erschien.

Wir sollten stattdessen Tage wie den IDAHOBIT am 17. Mai feiern und uns für rechtliche Gleichstellung und lebensweltliche Anerkennung einsetzen. Aus dem Gedanken des Respekts, der Höflichkeit und eines wirklichen bürgerlichen Geistes eigentlich Selbstverständlichkeiten.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen

Ihr Detlef Prinz

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