Postskriptum
Postskriptum
Virtue signalling – kein ganz neuer eingedeutschter Begriff, natürlich aus dem Amerikanischen – mokiert sich darüber, dass Menschen etwas zu ostentativ ihre gute Gesinnung zur Schau stellen, vorzugsweise auf den einschlägigen persönlichen Profilen auf Internet-Pinnwänden. Die Sache könnte mithin als eine jener den sogenannten sozialen Medien entsprungenen Unkulturen abgetan werden. Es gibt gleichwohl auch 710-Dollar-Dior-T-Shirts, auf denen We should all be feminists steht. (Die Erlöse sollen immerhin philanthropischen Projekten zugutegekommen sein.)
Gerade in diesen Tagen, in denen es entsetzlicherweise wieder um Krieg in Europa geht, empören sich die nichts weniger als welthistorischen Denker der ganz großen Linien allerdings wieder einmal mit Schmackes über den ganzen woken Kladderadatsch – Black-Lives-Matter-Bewegung, Gender, Quoten, Minderheitenrechte und LGTBQ*, Klimastreiks, Fahrräder und Veganismus und was all den starken Männer sonst noch fies aufgezwungen oder womit sie belästigt, bevormundet oder herabgewürdigt werden sollen.
Claudius Seidl drehte die Nummer diese Woche in der Frankfurter Allgemeinen und rief den Kulturkriegern zu, dass ihre Aufgebrachtheit in die falsche Richtung liefe: „Wer mehr Männlichkeit und weniger Verschwulung fordert, ist Putins geistiger Verbündeter und erkennt nicht, dass Vielfalt und Differenz die Stärke und nicht die Schwäche des Westens sind.“ Nicht weniger realpolitisch ließe sich noch hinzufügen, dass feministische Außen- und nachhaltige Energiepolitik auch strategisch scharfe Waffen sind gegen Gewalt, Terror und Tod.
Wer aber jenseits der Debatte über hard und soft power sich doch lieber alle Tage über die vermeintlichen Gutmenschen und deren Gestus aufregen möchte, dem sei der wahrlich konservative kolumbianische Denker und Aphoristiker Nicolás Gómez Dávila ans Herz gelegt, der diverse Eigentümlichkeiten des Feminismus – oder allzu stolze Selbstdarstellungen der Tugendhaftigkeit – nur bedingt ernst nehmen wollte, aber wusste, was Antifeminismus sei, nämlich vulgär.