Wa(h)re Größe

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

24
10
24
10

Wa(h)re Größe

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

Wäre die Welt wie früher, hätte die amerikanische Regierung Google wahrscheinlich längst zerschlagen. Bei traditionellen Industrie-Giganten hat sie das mehrfach getan – zuletzt aufsehenerregend 1982, als sie den Telefonkonzern AT&T in sieben Einheiten zerlegte. Auch Microsoft geriet mit seinen Produkten häufig ins Visier der Wettbewerbsbehörden. Und tut es noch. Marktwirtschaft verträgt nun mal keine Monopole, weil diese die Konkurrenz ausschalten, um den Markt-Preis-Mechanismus zum eigenen Vorteil außer Kraft zu setzen.

Diese Woche haben die amerikanischen Behörden Google ins Visier genommen und verklagt. Für die Technologie-Konzerne des Silicon Valley könnte das eine Zäsur bedeuten. Allerdings ist deren Welt nicht die von früher und Google, das heute Alphabet heißt, ein Konglomerat der digitalen Wirtschaft. Inzwischen weiß man, dass in der Netz-Ökonomie Monopole anders, schneller und natürlicher entstehen als in der Wirtschaftswelt von gestern. Die Fixkosten der digitalen Infrastruktur sind hoch, die Kosten jeder zusätzlich nachgefragten Produkteinheit laufen indes gegen null. Genau das befördert die Monopolbildung. Die Konsumenten heißen Nutzer und stellen den Netz-Unternehmen auch noch ihre Daten zur Verfügung. Je größer der Marktanteil des Anbieters, desto besser ist dies auch für dessen Nutzer. Gerade diese Interessenkongruenz befördert die rasche Entstehung überbordender Marktmacht, weil beide Marktseiten Gewinn aus Größe ziehen.

Wie Regierungen mit dieser Art von Monopolen umgehen können, weiß derzeit noch niemand. Mit dem Werkzeugkasten der alten Wirtschaftswelt ist deren Expansionsdrang nicht zu bremsen, weil das Preisargument nicht funktioniert. Doch ist nicht nur die überragende Marktmacht der vier Internet-Konzerne Google, Amazon, Facebook und Apple höchst umstritten. Auch ihre gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten bereiten Sorge. Ob sie diese mit unlauteren Mitteln aufgebaut und seither verteidigt haben, muss natürlich erst bewiesen werden. Amerika könnte als Erstes an Google ein Exempel statuieren.

Eines allerdings sollte man nicht vergessen: Ein solches Monopol entsteht zunächst nicht auf der Basis unlauterer Geschäftspraktiken, sondern aufgrund seines innovativen Angebots. Die Google-Suchmaschine bietet Ergebnisse faszinierender Qualität. Keinem anderen Anbieter ist es bisher gelungen, einen besseren Suchalgorithmus zu programmieren. Wahrscheinlich wird kaum ein Leser des Hauptstadtbriefs Google nicht verwenden. Ganz zu Unrecht ist das Unternehmen also nicht da, wo es jetzt steht.

Weitere Artikel dieser Ausgabe