Weniger Licht

Postskriptum

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Weniger Licht

Postskriptum

Tief vergraben in einer jener umfangreichen Hintergrundreportagen in der Süddeutschen Zeitung, die nacherzählt, wie es zur vielzitierten Richtlinienkompetenz-Festlegung des Kanzlers in Sachen Laufzeitverlängerung kam, findet man den entscheidenden Satz. Nachdem die Grünen auf ihrem Parteitag zuvor bereits den fortgesetzten Betrieb der süddeutschen Atomkraftwerke politisch eingepreist hatten, ging es „nur noch“ um das AKW Emsland. Darauf bezieht sich dann der Satz in der SZ: „Es ist etwas, das der Kanzler der FDP geben kann, damit sie am Ende einen Erfolg vorweisen kann.“

Seit Beginn der Ampelkoalition im Bund scheiterte die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde im Saarland, büßte mehr als fünf Prozent in Schleswig-Holstein ein, verlor 6,7 Prozent in Nordrhein-Westfalen und schied in Niedersachsen in diesem Monat mit 4,7 Prozent aus dem Landtag aus. Der Parteivorsitzende Christian Lindner sagte nach der Wahl, die FDP wolle wieder sichtbarer werden, ja, ihre „Positionslichter“ anschalten. Immerhin eine neue Formulierung, denn allzu häufig greift das politische Personal zu der Phrase vom „Profil“, das nun aber „geschärft“ werden müsse.

Politisch ergeben Gedanke und Absicht jedoch keinen rechten Sinn. Zweifelt Lindner daran, dass das Wahlvolk nicht so recht wusste, was die FDP eigentlich wolle? Und davon ausging, dass die Partei wenigstens die minimalinvasivsten Pandemieschutzmaßnahmen befürwortete, da viele gefährdete Menschen auch weiterhin darauf angewiesen sind? Oder ein Tempolimit auf Autobahnen einführen und keine Milliardensubventionen für einen Tankrabatt verballern wollte? Oder dass sie Atomkraft für eine (schon immer) sehr teure und überkommene Energieform hielte und lieber in zukunftsweisende Technologien investieren wollte?

Sollten der FDP wirklich Stimmen verloren gegangen sein, weil ihre potentiellen Unterstützer die Ziele der Partei zwar für richtig hielten, ihr aber vorwürfen, diese nicht entschlossen genug „durchgesetzt“ zu haben? Mithin sagten, die FDP habe nicht genug Einfluss auf die Politik der Ampel – und deswegen den Einfluss der Partei auf die Politik der Ampel noch verringern, in dem sie die FDP nicht wählen? Ist das unwillige liberale Wahlvolk verwirrt darüber, wie demokratische Politik funktioniert – oder sind vielleicht die liberalen Lichter zu grell und flackernd, unangenehm bis schädlich und beleuchten überhaupt das Falsche?

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