Editorial des Verlegers
Editorial des Verlegers
Liebe Leserinnen und Leser,
was hat sich die Gruppe von 53 Schauspieler:innen, darunter sehr bekannte Namen, die jüngst einige kleine Filmchen auf Youtube veröffentlicht haben unter dem krude ironisch gemeinten Hashtag #allesdichtmachen, bei ihrer Aktion nur gedacht?
Selbstredend dürfen sie sich – im grundgesetzlichen Rahmen – wie es ihnen beliebt äußern. Ein Recht auf Zustimmung haben sie aber nicht, und Widerspruch in der Sache sollte man auch nicht mit dem immer mehr zum rechten Kampfbegriff verkommenden Begriff cancel culture verwechseln.
Ein ganz unironisch freundlich gemeintes Angebot an die Kritiker:innen der Maßnahmen der Pandemiebekämpfung sind die herausragenden Analysen unseres Autors Frank Hofmann. In diesem Hauptstadtbrief am Samstag übt er, nicht zum ersten Mal, deutliche Kritik an der Bundesregierung. (Der Vorwurf, „die Medien“ würden kritiklos berichten, wie einer der #allesdichtmachen-Gruppe nun wieder behauptet hat, mutet nicht nur in diesem Zusammenhang mehr als verwunderlich an.)
Aber Hofmann, der schlüssig nachzeichnet, was etwa in der Impfstoffbeschaffung falsch gelaufen ist, argumentiert abgewogen und vor allem in der Sache – und nicht nach der neu aufgelegten Vogel-Strauß-Taktik: Die Wirklichkeit ist kompliziert und anstrengend, deswegen tun wir so, als ob es sie irgendwie nicht gibt, und können dann sagen, dass alles Unangenehme übertrieben bis unnötig ist.
Im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs präsentiert die Politikwissenschaftlerin Dorothée de Nève eine elegante Analyse der sich immer stärker ausprägenden Orientierung des politischen Handelns an den – vermeintlichen – Ergebnissen der Demoskopie. Auch Armin Laschets Ernennung zum Kanzlerkandidaten, dessen „Zahlen“ schließlich schlechter waren als die seines Konkurrenten aus Bayern, dürfte die Abhängigkeit des Betriebs von seinen Beliebtheitswerten kaum einen Abbruch tun.
De Nève packt das feine politologische Besteck aus und wägt klug ab, wie Politiker:innen Nutzen und Nachteil der Umfragen für ihr – und unser – politisches Leben ausgleichen können.
Inge Kloepfer wirft ihren Zweiten Blick auf die jüngsten Kapriolen in Sachen europäischer Fußball-Ligen. Der Titel ihrer Kolumne ist erneut mehr als treffend – dem Sturm der Entrüstung über die Super League folgte eine neue Sicht auf die vermeintlich gute alte Champions League. Auch nicht gerade eine Wohltätigkeitsorganisation.
Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen
Ihr Detlef Prinz