Zukunftsgeist

Editorial des Verlegers

14
11
14
11

Zukunftsgeist

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

die Debatte über die Ökowende leidet unter einer eigentümlichen Fehlannahme. Auch einige ihrer Befürworter treten eher defensiv auf, beschreiben die fälligen Veränderungen als bloßen Abwehrkampf, teure Maßnahmen, die leider notwendig seien. Die Profiteure des Status quo, Lobbyisten und Verharmloser geben sich dann gern plötzlich als mitfühlend sozial und behaupten, doch nur an die kleinen Leute zu denken.

Für diese Ausgabe des Hauptstadtbriefs konnten wir John Kerry, Sonderbeauftragter des US-Präsidenten Joe Biden, gewinnen, exklusiv einen Beitrag für uns zu verfassen. In diesem von amerikanischem Pragmatismus und Optimismus getragenen Text macht Kerry, von 2013 bis 2017 Außenminister der USA, deutlich, welche wirtschaftlichen Chancen zugleich in der Menschheitsaufgabe stecken. Der ökonomische Gewinn ist nicht nur eine Frage der Kostenvermeidung all der klimatischen Schadensfälle, unter denen die Welt heute schon leidet, sondern wäre auch ein Resultat neuer, effizienterer Produktionsweisen – ein entschlossener Appell an den ökonomischen und ökologischen Zukunftsgeist, wider die Rückzugsgefechte und Versuche, technisch überholte und gefährliche Methoden künstlich am Leben zu erhalten.

Im zweiten Beitrag dieser HSB-Ausgabe geht unser Pandemie-Korrespondent Frank Hofmann scharf mit der deutschen Politik, der geschäftsführenden Regierung und denen, die sich anschicken, die nächste zu bilden, ins Gericht. Während die Fallzahlen seit Wochen dramatisch steigen, übt sich die Politik in vermeintlich vornehmer Zurückhaltung – etwa aus Angst vor den lauten, aber irrlichternden Querdenkern und ihrem pervertierten Freiheitsbegriff?

In den Kolumnen dieser Woche beschäftigt sich zum einen Günter Bannas mit dem Amt in der Union, das eine Schlüsselrolle im CDU-CSU-Gefüge einnimmt und – CDU-Parteivorsitz hin und her – das wichtigste in einer Oppositionspartei sein dürfte: das des Vorsitzenden der gemeinsamen Bundestagsfraktion.

Anne Wizorek ruft einen weiteren, nicht weniger wichtigen Aspekt der Klimadebatte im Anschluss an den Gipfel in Glasgow auf, den der weltweiten Klimagerechtigkeit. Wizorek macht in ihrer Direktnachricht eindrücklich deutlich, dass der Blick auf deutsche Debatten und Befindlichkeiten nicht ausreicht – oder besser: dass die Tatsache, dass wir über unsere ökologischen Verhältnisse leben, schon heute zu bedrohlichen Lebensverhältnissen anderswo führt.

Im Postskriptum fragt Lutz Lichtenberger, ob die derzeitigen Koalitionsverhandlungen der Selbstläufer sind, als der sie ausgeben werden, und ob es nicht schon 2010 absehbar war, dass Gelb und Grün ihre philosophisch-pragmatischen Unterschiede in einer Regierung nicht ausgleichen könnten.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche

Ihr Detlef Prinz

Weitere Artikel dieser Ausgabe